Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Voraussetzung für Anspruch auf Kostenübernahme. keine Leistungspflicht für Brustaufbau durch Fettgewebeinjektion nach Brustkrebs-Operation. neue Behandlungsmethode. Fehlen einer positiven Empfehlung durch Gemeinsamen Bundesausschuss

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Kostenübernahme setzt voraus, dass die selbst beschaffte und zukünftig zu beschaffende Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (vgl zB BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 16/07 R = BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 und BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 19 st Rsp).

1. Der Anspruch des Versicherten auf eine notwendige Krankenbehandlung nach § 27 Abs 1 S 1 SGB 5 und S 2 Nr 1 SGB 5 unterliegt den sich aus den §§ 2 Abs 1 und 12 Abs 1 SGB 5 ergebenden Einschränkungen.

2. Der Brustaufbau durch Fettgewebeinjektion zum Ausgleich von Substanzdefekten nach einer Operation wegen Brustkrebs stellt eine neue Behandlungsmethode dar, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä 2008) enthalten ist. Eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liegt nicht vor.

3. Die Erfahrungen mit der Eigenfetttransplantation beruhen derzeit auf der Beobachtung von nur wenigen Frauen; gesicherte Daten über Langzeiteffekte liegen nicht vor.

4. Eine Kostenübernahme für (Eigen)Fettgewebsinjektionen kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer notwendigen Krankenhausbehandlung beansprucht werden. Nach den für den Senat nachvollziehbaren Ausführungen werden diese Eingriffe aufgrund ihres relativ geringen Aufwandes ambulant durchgeführt.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für einen Brustaufbau nach einer Brustkarzinomoperation mit sogenannten (Eigen)Fettgewebsinjektionen.

Die 1967 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin erkrankte 2008 an einem Mammakarzinom der linken Brust. Nach Operation, Chemotherapie und Radatio beantragte sie bei der Beklagten am 5. April 2012 eine Brustkorrektur-OP zur Auffüllung eines Defekts mittels Fettgewebsinjektionen unter Beifügung u.a. einer ärztlichen Stellungnahme von Frau C., Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, vom 21. Februar 2012, einer Bescheinigung des Klinikums Darmstadt vom 30. April 2012 und eines Ambulanzberichts der Asklepiosklinik Wiesbaden vom 5. Januar 2012. Nach Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) - Dr. D. - vom 9. Mai 2012 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. Juni 2012 den Antrag auf eine Brustkorrektur ab, da es sich um eine kosmetische Maßnahme handele. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt der Bescheid der Beklagten nicht.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 29. Mai 2013 Widerspruch. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass sie seit der Brustoperation nach wie vor unter starken Schmerzen leide. Vor der Brustkrebsoperation 2008 sei ihr zugesichert worden, dass auch nach der erfolgten Krebsoperation eine Anpassung der Brust (Brustaufbau) erfolgen könne. Die entstellte und vernarbte Brust belaste sie sehr. Zudem entzünde sich die Brust beim Tragen der Brustprothese immer aufs Neue. Zur Bestätigung ihres Vorbringens legte die Klägerin u.a. erneut Stellungnahmen der Asklepiosklinik Wiesbaden vom 18. Dezember 2012 und vom 13. Februar 2012 vor. Nach der Einholung eines erneuten sozialmedizinischen Gutachtens des MDK vom 28. Juni 2013 - E. - wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2013 zurück. Es bestehe keine medizinische Indikation für die beantragte Kostenübernahme einer operativen Narbenkorrektur.

Hiergegen hat die Klägerin am 14. Oktober 2013 Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt erhoben und erneut unter Beifügung medizinischer Unterlagen darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der nach ihrer Karzinomoperation verbliebenen Narben, Einziehungen und Verhärtungen unter Schmerzen im Bereich der linken Brust leide. Im Weiteren sei die linke Brust deutlich kleiner als die rechte, was bei ihr zu einem Libidoverlust und zu einem starken Leidensdruck führe. Deshalb begehre sie eine Brustkorrektur mit Auffüllung des Defektes. Die Beklagte hat im Rahmen des Klageverfahrens an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Brustkorrektur mittels Auffüllung eines Defekts an der linken Brust der Klägerin durch Fettgewebsinjektionen nicht in Betracht komme, festgehalten.

Mit Urteil vom 14. Mai 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Weder die Narbensituation im Bereich der linken Brust der Klägerin noch die Verkleinerung der linken Brust infolge des operativen Eingriffs wegen Brustkrebs stelle sic...

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