Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Leistungen des Grundsicherungsträgers für eine im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit verrichteten Tätigkeit. Erstattungsanspruch für Wertersatz

 

Orientierungssatz

1. Durch Tätigkeiten, die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach § 16d SGB 2 erbracht werden, wird ein Arbeitsverhältnis i. S. des Arbeitsrechts nicht begründet. Ist dem Grundsicherungsberechtigten zuzüglich zum Arbeitslosengeld 2 von der Arbeitsagentur eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen gezahlt worden, so hat er keinen Anspruch auf eine darüber hinaus gehende Vergütung.

2. Ein etwaiger Anspruch auf Arbeitslohn aus einem faktischen Arbeitsverhältnis wäre vor dem Arbeitsgericht geltend zu machen.

3. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Betroffenen gegenüber dem Grundsicherungsträger ist ausgeschlossen; dieser hat durch die Beschäftigung des Betroffenen im Rahmen des § 16d SGB 2 keinen Vermögenszuwachs zu verzeichnen.

4. Hat sich der Grundsicherungsträger in der zugrundeliegenden Eingliederungsvereinbarung vom Betroffenen ausdrücklich eine nach § 55 SGB 10 unzulässige Gegenleistung in Gestalt einer überpflichtmäßigen Tätigkeit versprechen lassen (BSG Urteil vom 22. 8. 2013, B 14 AS 75/12 R), so führt dies nicht zur Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB 10. Der Betroffene hat seine Obliegenheit verletzt, den Grundsicherungsträger auf seines Erachtens rechtswidrige Umstände hinzuweisen und diesem die Möglichkeit der Abhilfe zu geben.

5. Im Übrigen kommt eine Zuerkennung höherer Zahlungen nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nur dann in Betracht, wenn der Wert der geleisteten Arbeit die Grundsicherungsleistungen übersteigt.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 24. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt (noch) im Wege der allgemeinen Leistungsklage eine über die ihm insoweit gewährte Mehraufwandsentschädigung hinausgehende höhere Vergütung bzw. Wertersatz für die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. Juli 2011 verrichtete Tätigkeit.

Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Metzger und war von 1992 bis 2005 als selbstständiger Ausbeiner in Akkordarbeit am Fließband tätig. Nachfolgend war er arbeitslos und bezog von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Am 10. August 2010 schlossen die Beteiligten eine in der Sache bindend gewordene Eingliederungsvereinbarung (BI. 1 Leistungsakten), in welcher eine Teilnahme des Klägers an einer Arbeitsgelegenheit in der Metzgerei der B-Stadter Jugendwerkstatt für die Zeit ab 1. September 2010 bei einer verkürzten wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung von 1,25 € pro geleistete Arbeitsstunde vereinbart wurde. Dementsprechend bewilligte die Beklagte dem Kläger durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 3. September 2010 (BI. 6 Leistungsakten) für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. Juli 2011 eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 130,00 € monatlich als Vorschuss gemäß § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I). Der Vorschuss errechnete sich aus 80 % einer monatlichen Mehraufwandsentschädigung in Höhe von insgesamt 162,50 €.

Der Kläger trat die Arbeitsgelegenheit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt, Domäne C Stadt, wie vorgesehen zum 1. September 2010 an und war dort in der Metzgerei (unter anderem als Ausbeiner) tätig. Für den Zeitraum vom 1. September 2010 bis zum 31. Juli 2011 erhielt er als Vorschuss eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von insgesamt 1.430,00 €.

Durch Bescheid vom 5. Januar 2012 (Bl. 21 Leistungsakten) nahm die Beklagte eine Abrechnung der zu zahlenden Mehraufwandsentschädigung vor und errechnete hierbei unter Berücksichtigung von Fehlzeiten des Klägers eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 112,50 €, welche ab dem 1. Februar 2012 in monatlichen Raten von 33,70 € von den laufenden Leistungen nach dem SGB II einbehalten würden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 7. Februar 2012 Widerspruch mit der Begründung, dass eine Erstattungsforderung nicht oder nicht in dieser Höhe bestehe. Die Aufwandsentschädigung sei auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu zahlen. Abgesehen davon bestehe ein über die bereits geleisteten Zahlungen hinausgehender Vergütungsanspruch.

Dieser Widerspruch wurde seitens der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013 (Bl. 31 Leistungsakten) als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat daraufhin am 12. März 2013 Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben und geltend gemacht, dass kein Erstattungsanspruch der Beklagten bestehe, weil gemäß § 16 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die M...

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