Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Wie-Beschäftigter. Sonderbeziehung. Freiwillige Mitarbeit eines Kindes. Zuständige Berufsgenossenschaft. Forstwirtschaftliches Unternehmen. Grundeigentümer. Kauf von geschlagenem Holz. Führung eines Haushalts
Leitsatz (redaktionell)
Wer vom fortstwirtschaftlichen Unternehmer Holz auf dem Stamm erwirbt, die Bäume auf eigene Rechnung fällt und das Holz verarbeitet, ist weder landwirtschaftlicher Unternehmer nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch Lohnunternehmer nach § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII.
Orientierungssatz
1. Derjenige, welcher von einem forstwirtschaftlichen Unternehmer Holz auf dem Stamm durch Kauf erwirbt, die Bäume auf eigene Rechnung und für sein Unternehmen fällt und das Holz zu Brennholz für den eigenen Haushalt oder zur gewerblichen Weiterveräußerung verarbeitet, ist weder landwirtschaftlicher Unternehmer i. S. des § 123 Abs. 1 Nr. 1 noch Lohnunternehmer i. S. von § 123 Abs. 1 Nr. 3 SGB 7.
2. Der Unfallversicherungsträger des kommunalen Bereichs ist nach §§ 129 Abs. 1 Nr. 2, 133 SGB 7 zuständiger Versicherungsträger, wenn eine gewerbliche Herstellung von Brennholz nicht erfolgt, sondern dieses ausschließlich für den eigenen Haushalt der an der Brennholzgewinnung beteiligten Personen verwendet wird.
3. Hilfsdienste eines 14-Jährigen im Rahmen von Waldarbeiten, die dem Alter und den Kräften eines solchen angemessen sind, und die im Rahmen einer Eltern-Kind-Beziehung erwartet werden können, stellen eine in diesem Rahmen übliche und zu erwartende Gefälligkeitsleistung dar und stehen infolgedessen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nrn. 1, 5a, 5b, Abs. 2 S. 1, § 8 Abs. 1, § 123 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 129 Abs. 1 Nr. 2, § 136 Abs. 3 Nr. 1, § 109; BGB § 705; SGB IV § 7; BGB § 1618a
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. bis 3.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Unfall des Beigeladenen zu 1. am 20. August 2004 ein Arbeitsunfall war.
Der damals 14 Jahre alte Beigeladene zu 1. arbeitete am 20. August 2004 auf einem Forstweg im Staatsforst G. in Niedersachsen an der Gewinnung von Brennholz zusammen mit seinem Vater, dem Zeugen V2. C., seinem Bruder, dem Zeugen V3. C. und seinem Onkel, dem Zeugen E. Aufgabe des Beigeladenen zu 1. war es, Holzstämme von einem Meter Länge unter eine halbautomatische Holzspaltmaschine zu stellen, die sein Onkel bediente. Der Holzspalter wurde durch einen Traktor betrieben, an den er angeschlossen war. Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer des Traktors mit dem angebauten Holzspalter, den ihr Versicherungsnehmer, der Zeuge F., dem Vater des Beigeladenen zu 1. für diese Arbeiten zur Verfügung gestellt hatte. Beim Einstellen des Holzes unter den Holzspalter geriet die rechte Hand des Beigeladenen zu 1. gegen 17.20 Uhr in den herunterschnellenden Holzspalter. Dadurch erlitt der Beigeladene zu 1. erhebliche Verletzungen an der rechten Hand mit traumatischer Teilamputation mehrerer Finger. Auf Nachfrage der Barmer Ersatzkasse gab die Mutter des Beigeladenen zu 1., V4. C., Anfang September 2004 zum Unfallhergang an: "Beim Holzspalten mit einem 20 Tonnen Holzspalter stellte der Geschädigte ein Holzstück unter den Spalter. Der Onkel sagte, hol das nächste Stück, schaute in die Richtung von Vater und Bruder des Geschädigten und bediente den Spalter mit beiden Händen. Der Geschädigte meinte, das Holzstück stünde nicht sicher und rückte es gerade, schaute dabei aber über die Schulter zu seinem Freund". Nachdem die Barmer Ersatzkasse einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten angemeldet hatte, leitete diese zunächst die Unterlagen an die Landesunfallkasse Niedersachsen weiter, weil als Unfallbetrieb der Staatsforst G. angegeben worden war. Das für diesen Staatsforst zuständige Niedersächsische Forstamt H. teilte der Landesunfallkasse am 20. Juni 2005 mit, der Beigeladene zu 1. stehe in keinem Beschäftigungsverhältnis zum Forstamt. Er habe in der fraglichen Zeit sein Brennholz als privater Selbstwerber im Wald aufgearbeitet. Der Beigeladene zu 1. gab in einem von ihm ausgefüllten und am 16. April 2007 unterschriebenen Fragebogen der Landesunfallkasse an, das zu teilende Brennholz sei für den familiären eigenen Bedarf bestimmt gewesen. Die Tätigkeit habe bis zum Eintritt des Unfalls fünf Stunden in Anspruch genommen, die Arbeiten hätten insgesamt sechseinhalb Stunden dauern sollen. Es hätten ca. 25 Kubikmeter Holz gekeilt werden sollen. Er habe seit dem Jahr 2003 mit den Familienangehörigen mit diesem Holzspaltgerät gearbeitet. Es handele sich um selbstverständliche gegenseitige familiäre Hilfsdienste. Er sei der dritte Sohn. Bei der Tätigkeit am Unfalltag habe es sich ebenfalls um einen solchen s...