Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz bei der Verarbeitung zum Verkauf bestimmten eigenen Holzes
Leitsatz (amtlich)
Die Verarbeitung zum Verkauf bestimmten eigenen Holzes durch einen Land- und Forstwirt ist auch dann in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert, wenn der Versicherte daneben eine - nicht versicherte - gewerbliche Brennholzaufbereitung betreibt, in der er fremdes, zugekauftes Holz in der gleichen Weise bearbeitet wie das eigene. Die Verarbeitung eigenen Holzes ist nicht nur ein Nebenunternehmen der nichtlandwirtschaftlichen Brennholzaufbereitung, sondern Teil des versicherten land- und forstwirtschaftlichen Hauptunternehmens.
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2, §§ 64-65, 123, 131 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2; BWaldG § 11; SGG § 75 Abs. 2, 5
Tenor
Die Berufung der Beigeladenen wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten der Beklagten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen.
Der 1943 geborene K1 war der verstorbene Ehemann der Klägerin (künftig: der Versicherte). Dieser verunglücke am Nachmittag des 3. Januar 2019 tödlich, als er neben einer Maschinenhalle auf seinem Grundstück in der landwirtschaftlichen Feldflur des M1 Ortsteils L1 allein mit einem sogenannten Kegelspalter Holz spaltete und in die Maschine geriet. Er erlitt hierbei sofort tödliche Verletzungen. Der Versicherte hatte ein landwirtschaftliches Unternehmen mit Nutztierhaltung, Ackerland, Wiesen- und Weideflächen sowie einem eigenen Waldstück geführt und war insoweit bei der Beigeladenen gesetzlich unfallversichert. Seit 2014 hatte er auch Brennholzaufbereitung für Dritte durchgeführt. Eine freiwillige Versicherung dieser selbstständigen Tätigkeit bei der Beklagten war nicht erfolgt.
Am 7. Januar 2019 zeigte der Sohn des Versicherten, der Zeuge K2 (künftig J.K.), den Unfall gegenüber der Beigeladenen an. Die Klägerin und J.K. gaben in einem Fragebogen vom 1. März 2019 gegenüber der Beigeladenen an, die Holzbearbeitung am Unfalltag sei zu 100% zum Zweck des (späteren) Verkaufs erfolgt. Das bearbeitete Holz sei überwiegend zugekauft worden. Das „Unfallholz“ habe aber mit 99%iger Sicherheit aus dem eigenen Wald gestammt. Ergänzt wurden diese Angaben gegenüber der Beigeladenen im Fragebogen vom 19. März 2020 dahingehend, dass der Verstorbene seit 2014 eine Brennholzbearbeitung für Dritte durchgeführt habe. Jährlich seien etwa 120 Raummeter Brennholz gegen Entgelt für Fremde und 15 Raummeter für den eigenen Bedarf geschnitten worden. Eine Zugehörigkeit zu einer anderen Berufsgenossenschaft bestehe nicht.
Unter dem 21. November 2019 findet sich eine Gesprächsnotiz der Beigeladenen über ein Telefonat mit einem (nicht durch Vornamen konkretisierten) Sohn des Versicherten: „Herr K3 wird telefonisch darüber informiert, dass der Arbeitsunfall anerkannt wurde.“
Mit Schreiben vom 29. Juli 2020 übersandte die Beigeladene dennoch die bei ihr vorhandenen Unterlagen an die Beklagte und bat um Prüfung der dortigen Zuständigkeit. Eine eigene Zuständigkeit für das Unternehmen Brennholzsägerei sei nicht gegeben, da die Voraussetzungen für ein Nebenunternehmen der Landwirtschaft nicht vorlägen. Die Beklagte werde für zuständig gehalten.
Mit Schreiben vom 11. November 2020 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, der Verstorbene habe bei ihr keine freiwillige Unternehmerversicherung abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 26. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2021 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung der Beklagten bestehe nicht, da kein von ihr zu entschädigender Arbeitsunfall vorliege. Die Beigeladene habe den Bereich „Herstellung von Brennholz“ als eigenständigen Bereich und nicht als sogenanntes Nebenunternehmen des versicherten landwirtschaftlichen Betriebes bewertet und habe deswegen die Unfallsache an die Beklagte abgegeben. Der Versicherte habe am 3. Januar 2019 als Unternehmer einen tödlichen Unfall erlitten. Eine Pflichtversicherung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten bestehe nicht und von der Möglichkeit, bei der Beklagten für den Bereich der „Herstellung von Brennholz“ eine freiwillige Unternehmerversicherung (§ 3 SGB VII iVm §§ 4 der Satzung der BGHM) abzuschließen, habe er keinen Gebrauch gemacht. Am Unfalltag habe er daher nicht zum Kreis der versicherten Personen gehört, so dass Hinterbliebenenleistungen von der Beklagten nicht zu erbringen seien.
Am 10. August 2021 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Versicherte sei bei der Beigeladenen versichert gewesen. Dieser sei der Unfall gemeldet worden. Am 21. November 2019 sei von dort telefonisch mitgeteilt worden, dass es sich bei dem Unfall vom 3. Januar 2019 um einen Arbeitsunfall gehandelt hab...