Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Anwartschaftszeit. Auslandstätigkeit. Wohnort. gewöhnlicher Aufenthalt. Lektorin. Vermittlung durch DAAD
Leitsatz (amtlich)
Eine durch den DAAD vermittelte ledige Lektorin, die hintereinander zwei jeweils auf ein Jahr begrenzte Arbeitsverträge mit einer Universität in England erfüllt, vom DAAD zu dem Gehalt der Universität eine Aufstockung nach BAT mit Auslandszulage in DM auf ihr deutsches Bankkonto erhält, ihre deutsche voll möblierte Wohnung beibehält, die fast 5 Monate jährlich dauernden Trimesterferien fast ausschließlich in ihrer deutschen Wohnung verbringt, dort auch Arbeitsvorbereitungen für die Kurse in England trifft und ihre wesentlichen sozialen Bindungen in Deutschland beibehält, wohnt weiterhin in Deutschland. Die Tätigkeit in England wirkt deshalb nach Art 71 Abs 1 Buchst b DBuchst ii EWGV 1408/71 anwartschaftsbegründend, wenn sie sich nach Abschluß der Tätigkeit in England bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos meldet, ohne daß es hier zu einer Zwischenbeschäftigung gekommen ist.
Normenkette
AFG §§ 100, 104; EWGV 1408/71 Art. 71 Abs. 1b (ii)
Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 09.10.1984; Aktenzeichen S-5/Ar - 346/82) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Oktober 1984 sowie der Bescheid der Beklagten vom 30. September 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1982 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 1982 wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 5. November 1982 bis 31. März 1983 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um Arbeitslosengeld für die Zeit ab 5. November 1982 bis zum 31. März 1983.
Die 1952 geborene Klägerin arbeitete von April bis Oktober 1978 als Sprachlehrerin bei dem G.-Institut in M. war vom 1. November 1978 bis zum 30. April 1980 in K. als Studienreferendarin Beamtin auf Widerruf, bestand die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien, arbeitete vom 9. Juni bis 30. September 1980 wieder als Sprachlehrerin im G.-Institut und vom 1. Oktober 1980 bis 30. Juni 1982 als Lektorin an der University of N.. Diese Tätigkeit wurde ihr durch den Deutschen Akademischen A. vermittelt, von dem sie auf ihr K. Bankkonto noch eine Ausgleichszahlung zu dem Gehalt der … Universität erhielt. Auf ihre Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 27. Mai 1980 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 1980 Arbeitslosengeld ab 27. Mai 1980 für 78 Tage. Auf die erst an 8. August 1980 bei der Beklagten zugegangene Mitteilung über die Arbeitsaufnahme von 9. Juni 1980 hob die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1980 die Bewilligung ab Arbeitsaufnahme auf und forderte DM 2.489,40 zuviel gezahltes Arbeitslosengeld zurück, die die Klägerin auch alsbald bezahlte. Die Beklagte erließ deswegen unter dem 10. November 1980 einen Bußgeldbescheid. Vom Amtsgericht Göttingen wurde das Verfahren mit Beschluß von 24. März 1981 nach § 47 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz (OwiG) eingestellt.
Am 19. August 1982 meldete sich die Klägerin erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 30. September 1982 lehnte die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf Art. 67 Abs. 3 BWG-Verordnung 1408/71 ab, da zwischen der Beschäftigung in E. und der Arbeitslosmeldung am 19. August 1982 keine versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen habe. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 28. Oktober 1982 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 1982 Arbeitslosengeld entsprechend einem Restanspruch von 67 Tagen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 1982 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, daß die Klägerin in der Rahmenfrist vom 18. August 1982 bis zum 27. Mai 1980 nur eine Anwartschaftszeit von 114 Kalendertagen (09.06.-30.09.1980) zurückgelegt habe. Die berufliche Tätigkeit in G. habe nicht der Beitragspflicht zur Beklagten unterlegen und könne gemäß Art. 67 Abs. 3 der EWG-Verordnung nicht berücksichtigt werden, da nicht unmittelbar zuvor hier Versicherungszeiten zurückgelegt worden seien. Art. 71 der EWG-Verordnung finde keine Anwendung, da die Klägerin während ihrer Beschäftigung im Geltungsgebiet des zuständigen Mitgliedstaates gewohnt habe.
Gegen den ihr am 20. November 1982 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 20. Dezember 1982 Klage erhoben und vorgetragen, die Beklagte verkenne den Inhalt von Art. 67 Abs. 3 der EWG-Verordnung 1408/71. Mit der Verordnung solle die Freizügigkeit innerhalb der EG-Staaten gewährleistet werden, deshalb die schlichte Anrechnung von Auslandstätigkeiten; es werde allein vorausgesetzt, daß der Arbeitslose unmittelbar vor Beginn seiner Auslandstätigkeit im I...