Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 3101. besonders erhöhte Infektionsgefahr gegenüber Gesamtbevölkerung. Nachweis im Vollbeweis. Erreger Streptococcus bovis. Gas- und Wasserinstallateur. Tätigkeit: Wartung und Instandhaltung von Abwasseranlagen
Leitsatz (amtlich)
Für einen Gas- und Wasserinstallateur, der im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Wartung und Instandhaltung von Abwasseranlagen befasst ist, besteht hinsichtlich der Infektion mit dem Erreger Streptococcus bovis keine Infektionsgefahr, die in besonderem Maße über derjenigen der Gesamtbevölkerung liegt.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 3. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der 1957 geborene Kläger war nach Umschulung zum Gas- und Wasserinstallateur (November 1982 bis April 1985) bis September 2012 in diesem Beruf in einem Sanitärbetrieb, der Firma D. in A-Stadt, tätig. Nach seinen eigenen Angaben war er dabei überwiegend im Auftrag seiner Arbeitgeberin bei der E. AG und der EX-Schlauch-GmbH A-Stadt zur Reinigung und Instandhaltung der Abwasseranlagen eingesetzt gewesen.
Im Mai 2012 zeigte der Kläger selbst der Beklagten den Verdacht der BK Nr. 3101 an. Er führte an, bei ihm sei im Juni 2011 die Diagnose einer Spondylodiszitis nach bakterieller Infektion gestellt worden. Bei dieser Erkrankung handele es sich um eine Krankheit, die bei Versicherten auftrete, die in Folge ihrer beruflichen Tätigkeit in bestimmten Bereichen einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt seien. Dieses Risiko bestehe "nach herrschender Lehrmeinung" unter anderem auch bei Tätigkeiten an Abwasseranlagen. Er habe an Abwasseranlagen gearbeitet und sei dabei einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen, die zur vorliegenden Spondylodiszitis - hervorgerufen durch bakterielle Erreger - geführt haben müsse, weil Vorerkrankungen ähnlicher Art nicht vorlägen. Seiner Anzeige fügte er einen Arztbrief der Klinik für Neurologie des Klinikums Kassel (Prof. Dr. F.) vom 14. Juni 2011 über seinen stationären Aufenthalt dort vom 24. Mai 2011 bis 14. Juni 2011 unter anderem mit den Diagnosen Spondylodiszitis in Höhe HW 4/5, intraspinaler Abszess und Infektion durch Streptococcus bovis bei. Darüber hinaus legte er ein fachorthopädisches Attest von dem Orthopäden Dr. G. vom 20. April 2012 bei, das der Arzt im Rahmen einer Widerspruchsbegründung zur Vorlage bei dem Versorgungsamt erstellt hatte. Danach sei der Kläger nicht in der Lage, sich alleine an- und auszukleiden sowie körperhygienische Maßnahmen durchzuführen, er sei ständig auf fremde Hilfe angewiesen und nicht in der Lage, auch nur wenige Schritte ohne fremde Hilfe zu bewältigen.
Im Rahmen der Sachermittlungen von Amts wegen zog die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen vom 28. Juni 2012, Befundberichte des Neurologen und Psychiaters H. vom 26. Juni 2012, der Asklepios Kliniken Bad Wildungen vom 28. Juni 2012 nebst Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt des Klägers dort vom 14. Juni 2011 bis 14. Juli 2011 sowie der Dres. J. und K. (Fachärzte für Innere Medizin und Allgemeinmedizin) vom 4. Juli 2012 bei. Darüber hinaus zog die Beklagte die Verwaltungsakte des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales - Versorgungsamt - Kassel bei und wertete die in einem dortigen Verfahren auf Feststellung des Grades der Behinderung und Feststellung von Nachteilsausgleichen vorliegenden medizinischen Unterlagen aus. Nach Anforderung auch noch eines Befundberichtes von Dr. G. vom 9. August 2012, der diesem noch ergänzende medizinische Unterlagen aus seiner Behandlungsdokumentation beifügte, holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Arbeitsmediziners L. vom 20. September 2012 ein. Der Arzt führte aus, dass es sich bei dem vorliegend als Erreger nachgewiesenen Keim Streptococcus bovis um einen typischen Teil der Flora des Gastrointestinaltraktes handele, welcher nur im Rahmen von Erkrankungen dieses Bereiches in das Blut überträte und dann Herzmuskelentzündungen oder aber die hier vorliegende Spondylodiszitis auslösen könne. Nach dem Bericht des Klinikums Kassel vom 14. Juni 2011 habe bei dem Kläger eine schwere Speiseröhrenentzündung auf der Basis einer Refluxösophagitis dritten Grades bestanden. Diese Erkrankung aus innerer Ursache stelle die Eintrittspforte des Keims dar. Es könne zusammenfassend daher nur empfohlen werden, eine BK Nr. 3101 abzulehnen, da die Infektion mit dem Keim der natürlichen Flora des Verdauungstraktes aus innerer Ursache über eine schwere Speiseröhrenentzündung erfolgt sei. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. November 2012 die Anerkennung der BK ab.
In seinem Widerspruch stellte der Kläger u....