Entscheidungsstichwort (Thema)

berufliche Fortbildung. förderungsfähige Maßnahme. Ausbildungskraft. betriebliche Lehrlingsausbildung. Vermittlung von arbeits- und berufspädagogischen Kenntnissen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Weiterbildung der in der betrieblichen Lehrlingsausbildung tätigen Ausbildungskräfte ist regelmäßig berufliche Fortbildung im Sinne von §§ 41 Abs 1, 43 Abs 1 AFG.

2. Die Förderung der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, die auf die Heranbildung und Fortbildung von Ausbildungskräften gerichtet sind (§ 43 Abs 1 Nr 5 AFG), ist nicht auf Teilnehmer beschränkt, die überwiegend im Bereich der beruflichen Erwachsenenbildung tätig werden wollen oder tätig sind, sondern erfaßt auch die Ausbildungskräfte, die in der betrieblichen Lehrlingsunterweisung tätig sind oder tätig werden wollen.

3. Das von dem Bildungsförderungswerk des Arbeitgeberverbandes der hessischen Metallindustrie e. V. durchgeführte - Grundseminar zur Vermittlung arbeits- und berufspädagogischer Kenntnisse gemäß § 20 Abs 3 Nr 2 Berufsbildungsgesetz - ist weder eine verbandsbezogene noch eine betriebsbezogene Maßnahme nach § 43 Abs 2 AFG.

 

Normenkette

AFG §§ 41, 43 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Darmstadt (Urteil vom 03.12.1973)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. März 1973 wird zurückgewiesen.

II. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt wird dahingehend berichtigt, daß die Bescheide der Beklagte vom 26. April 1972 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28. Juni 1972 und vom 11. Juli 1972 aufgehoben werden. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Teilnahme an dem von dem Arbeitgeberverband der Hessischen Metallindustrie veranstalteten Ausbilderseminar vom 17. Januar bis zum 22. Januar 1972 Lehrgangskosten, Fahrtkosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung in gesetzlichem Umfange zu erstatten.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Lehrgangsgebühren, Fahrtkosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung für die Teilnahme an einem Ausbilderseminar des Bildungsförderungswerkes des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Metallindustrie e. V. zu erstatten.

Die Kläger, die eine abgeschlossene Berufsausbildung als Maschinenschlosser haben und seit Januar 1965 (Kläger zu 1.), Februar 1970 (Kläger zu 2.) bzw. Oktober 1969 (Kläger zu 3.) als Lehrlingsausbilder für die Schlosserberufe bei der Firma … Sch. Maschinenfabrik GmbH in D. tätig sind, stellten am 17. Januar 1972 bei der Beklagten den Antrag auf Förderung der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung. Sie beabsichtigten, in der Zeit vom 17. Januar 1972 bis zum 22. Januar 1972 an dem Ausbilderseminar des Bildungsförderungswerkes des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Metallindustrie e.V., in B. N. teilzunehmen, das als Tageslehrgang mit insgesamt 60 Unterrichtsstunden durchgeführt wurde. In dem Seminar, das als “Grundseminar zur Vermittlung arbeits- und berufspädagogischer Kenntnisse gemäß § 20 Abs. 3 Ziff. 3 Berufsbildungsgesetz” bezeichnet war, wurden folgende Sachgebiete bearbeitet:

 “Formen und Entwicklungstendenzen der industriellen Ausbildung, gesetzliche Grundlagen der Berufsausbildung, persönliche und fachliche Eignung des Berufsausbilders, Didaktik und Methodik des Lehrens und Lernens, angewandte Arbeitspädagogik, psychologische Grundlagen des Lehrens und Lernens, Ausbildungsordnung.”

Die Kursusgebühren betrugen 135,- DM und die Kosten für Unterkunft und Verpflegung 240,- DM. Die Arbeitgeberin der Kläger kam mit diesen überein, daß die Kläger die Kursusgebühren sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung selbst trugen, während die Firma die Kosten des Arbeitsausfalles übernahm.

Durch Bescheide vom 26. April 1972 lehnte die Beklagte die Anträge der Kläger zu 1. bis 3. mit der Begründung ab, die in § 43 AFG gegebene Möglichkeit der Förderung von Fortbildungsmaßnahmen, die auf die Heranbildung und Fortbildung von Ausbildungskräften gerichtet seien, bezöge sich nur auf Ausbilder, die überwiegend auf dem Gebiet der Schulung Erwachsener, nicht aber auf solche, die überwiegend in der betrieblichen Lehrlingsausbildung tätig würden. Die Widersprüche der Kläger blieben erfolglos (Kläger zu 1.: Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1972; Kläger zu 2.: Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 1972; Kläger zu 3.: Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1972).

Mit ihren Klagen begehrten die Kläger, die Beklagte zur Gewährung der beantragten Leistungen zu verurteilen. Zur Begründung trugen sie vor, ihre Teilnahme an der Maßnahme diene nicht nur Betriebszwecken, so daß das Erfordernis eines besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses nicht aufgestellt werden dürfe. Es bestehe gerade an geschulten Lehrlingsausbildern derzeit in allen Wirtschaftszweigen ein großer Bedarf, der bisher nur unzureichend gedeckt werden könne. Daraus ergebe sich ein starkes arbeitsmarktpolitisches Int...

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