Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Hilfe für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs aus der gesetzlichen Rentenversicherung. maßgebliches Einkommen nach § 6 Abs 3 KfzHV. besondere Härte iS des § 9 Abs 1 KfzHV
Orientierungssatz
1. Zur Bestimmung des maßgeblichen Einkommens nach § 6 Abs 3 KfzHV durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.
2. Zum Begriff der "besonderen Härte" iS des § 9 Abs 1 KfzHV.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 17. März 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs.
Die 1959 geborene Klägerin leidet an der Glasknochenkrankheit (Osteogeneris imperfecta) in Verbindung mit Kleinwuchs (Körpergröße: 1,17 m), einer Verbiegung der Wirbelsäule (Skoliose) und degenerativen Gelenkserkrankungen (Arthrosen), insbesondere des rechten Ellenbogens. Ihr ist ein Grad der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche “B„, “G„, “aG„, “H„ und “RF„ zuerkannt. Sie ist auf einen Elektrorollstuhl angewiesen.
Die Klägerin ist diplomierte Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und arbeitet seit dem 11. März 2002 beim C. (C.) Hessen (Gutachterdienst; Fachdienst zur Bedarfsfeststellung), auch im Außendienst.
Am 6. November 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, den sie damit begründete, dass ihr bisheriges, damals von der Bundesagentur für Arbeit gefördertes Fahrzeug, ein Mercedes-Benz Vito (Baujahr 2003, Erstzulassung: 12. September 2003, 182.797 km Laufleistung), wegen steigender, unkalkulierbarer Reparaturkosten sowie Rostschäden abgelöst werden müsse. Sie bat zu berücksichtigen, dass aufgrund ihrer Beeinträchtigungen kein anderes Fahrzeug in Betracht komme, und machte Leistungen in besonderen Härtefällen geltend. Den beigefügten Unterlagen ist unter anderem zu entnehmen, dass sich das Nettoarbeitsentgelt der Klägerin im Zeitraum vom 1. August 2014 bis 31. Oktober 2014 auf monatlich 2.471,36 € belief.
Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 setzte die Beklagte die Klägerin darüber in Kenntnis, dass für eine Entscheidung über den Teilhabeantrag die Einholung einer Stellungnahme des technischen Beraters erforderlich sei. Vorsorglich weise sie allerdings darauf hin, dass das Einkommen der Klägerin die Einkommensgrenze für die Bezuschussung eines Kraftfahrzeugs übersteige, und forderte zwecks Härtefallprüfung von der Klägerin zusätzliche Unterlagen an. Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2015 erklärte die Beklagte ausdrücklich, für die Entscheidung über den Teilhabeantrag zuständig zu sein.
In seiner Stellungnahme vom 23. April 2015 hielt der technische Berater fest, ein Mercedes-Benz Vito Tourer sei gut geeignet, um die behinderungsbedingten Einschränkungen der Klägerin bzw. deren Auswirkungen auszugleichen. Ausweislich der eingereichten Kostenvoranschläge beliefen sich die Kosten dieses Kraftfahrzeugs einschließlich Nebenkosten auf 35.778,54 € und die behinderungsbedingte Zusatzausstattung auf insgesamt 39.122,67 €.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung eines zinslosen Darlehens mit der Begründung ab, dass kein besonderer Härtefall vorliege, weil sich bei einer Gegenüberstellung der monatlichen Gesamtausgaben der Klägerin (2.003,05 €) und ihres monatlichen Nettoeinkommens (2.474,36 €; gemeint: 2.471,36 €) kein Fehlbetrag errechne. Zudem würden keine besonderen Lebensumstände vorliegen, welche die Gewährung eines Darlehens begründen könnten.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2015 lehnte die Beklagte auch die Gewährung eines Zuschusses ab, weil das Nettoeinkommen der Klägerin (2.471,36 €) 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße (für das Jahr 2015: 2.835 €) überschreite.
Demgegenüber übernahm die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 13. Mai 2015 die Kosten der behinderungsbedingten Zusatzausstattung in Höhe von 39.122,67 € als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Kostenzusage gelte neun Monate.
Gegen alle drei Bescheide erhob die Klägerin mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2015 Widerspruch. Sie würde in finanzielle Schwierigkeiten geraten, wenn sie das Kraftfahrzeug mithilfe eines Privatdarlehens erwerben und dafür monatlich die von der Beklagten veranschlagten 605,59 € für Tilgung und Zinsen aufbringen müsste. Für die alltägliche Lebensführung blieben ihr dann nur noch 51,62 €. Der abstrakte Verweis der Beklagten auf den 1,5-fachen Sozialhilferegelsatz sowie Unterkunfts- und Heizkosten nach sozialhilferechtlichen Vorgaben erscheine abwegig. Eine Einschränkung des langjährig gewohnten finanziellen Spielraums durch eine zusätzliche monatliche Belastung von 455,49 € lasse eine unzumutbare Belastung über Gebühr entstehen. Ihre Schwerstbehinderung und da...