Verfahrensgang

SG Kassel (Urteil vom 03.09.1998; Aktenzeichen S 11 AL 1674/96)

 

Tenor

  • Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. September 1998, die Bescheide der Beklagten vom 21. und 22. November 1996 sowie der Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1996 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 21. November 1996 bis 13. April 1997 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Vermögen in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

    Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  • Die Beklagte hat dem Kläger 3/5 der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
  • Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe – Alhi – für die Zeiträume vom 22. November 1996 bis 13. April 1997 sowie vom 27. Mai 1997 bis zum 3. September 1997, wobei sich der Kläger gegen die Anrechnung von Kapitalvermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung wendet.

Der 1950 geborene Kläger bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 28. Oktober 1996 Arbeitslosengeld. Zuvor und zwischenzeitlich im April/Mai 1997 war der Kläger als Elektroinstallateurmeister berufstätig gewesen. Er beantragte am 16. Oktober 1996 die Bewilligung von Alhi im Anschluß an die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab u.a. an, über ein Sparguthaben in Höhe von 149,18 DM sowie in Höhe von 7.420,63 DM und über Bundeswertpapiere, sog. Finanzierungsschätze, in einem Gesamtwert von 46.000,– DM, fällig geworden am 21. November 1996, zu verfügen. Arbeitslosenhilfe bewilligte die Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 22. November 1996 in Höhe von 352,80 DM, bei einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 910,– DM, Leistungsgruppe C/0, für den Zeitraum vom 29. Oktober bis zum 20. November 1996 (Tag der Fälligkeit der Finanzierungsschätze war der 21.11.). Mit Schreiben vom 21. November 1996 teilte sie dem Kläger zudem mit, sein Vermögen in Höhe von 53.569,81 DM sei verwertbar und die Verwertung zumutbar. Unter Berücksichtigung der Freibeträge verbleibe ein Betrag von 37.569,81 DM, der bei der Bedürftigkeit zu berücksichtigen sei. Bei Teilung durch das der Alhi zugrundeliegende wöchentliche Bemessungsentgelt ergebe sich, dass der Kläger für 41 Wochen nicht bedürftig sei. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, insbesondere der Betrag von 46.000,– DM diene der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung und sei für eine Neufestlegung vorgesehen. Er habe nur unzulängliche Chancen auf einen qualifizierten Arbeitsplatz und seine Ehefrau habe lediglich eine befristete Stelle als Erzieherin, weshalb eine private Altersvorsorge geboten sei. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 1996 zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Vermögen sei im Rahmen des § 6 Arbeitslosenhilfe Verordnung-Alhi-VO – anzurechnen. Der Kapitalbildung dienendes Vermögen des Klägers sei hier frei verfügbar und könne nicht durch § 6 Abs. 3 Nr. 2 Alhi-VO geschützt werden. Der Kläger habe nicht glaubhaft versichert, es für Zwecke der Alterssicherung verwenden zu wollen.

Der Kläger hat am 20. Dezember 1996 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben. Während des Klageverfahrens ist auch für die Zeit vom 27. Mai bis 3. September 1997 nach einer Zwischenbeschäftigung des Klägers der Anspruch auf Alhi mangels Bedürftigkeit abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 hat die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 4. September 1997 Alhi bewilligt; seit 1. Dezember 1997 steht der Kläger wieder in einem Beschäftigungsverhältnis.

Der Kläger hat vorgetragen, die Finanzierungsschätze des Bundes seien nach Ende der 5-jährigen Laufzeit zwar ausgezahlt worden, er habe sich jedoch um eine Wiederanlage bemüht, u.a. um eine private Rentenversicherung. Auf eine solche Versorgung sei er angewiesen, da er aus den neuen Bundesländern stamme, nur eine unzulängliche Alterssicherung habe und sich die Zukunftsperspektive schwierig gestalte. In der Wahl der Anlageform könne er nicht festgelegt werden. Das ihm zur Verfügung stehende Geld habe er während der Dauer seiner Arbeitslosigkeit zum Lebensunterhalt verbraucht; auch einen Restbetrag habe er zu einem späteren Zeitpunkt nicht anlegen können.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 3. September 1998 abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, Alhi sei wegen fehlender Bedürftigkeit zu Recht versagt worden. Der Anspruch auf Alhi setze nach § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz – AFG – u.a. voraus, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten könne. So sei der Arbeitslose insbesondere nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt sei, § 137 Abs. 2 AFG. Die näheren Voraussetzungen hierzu ergäben sich aus §§ 6 und 11 Alhi-VO. Das hier von der Beklagten festgestellte Vermögen sei verwertbar gewesen und habe auch zur Verfügung gestanden. Die Verwertung des Vermögens sei auch nicht unw...

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