Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsregelungen. Handhabung nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln. Kodierung und Definition. maschinelle Beatmung
Orientierungssatz
1. Die Vergütungsregelungen für die routinemäßige Abwicklung in zahlreichen Behandlungsfällen sind streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben.
2. Für die Leistung "Beatmung 24 Stunden bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems im Alter von mehr als 5 Jahren, mit äußerst schweren CC" ist die DRG-Fallpauschale F 43 B zu kodieren.
3. Die künstliche maschinelle Beatmung beginnt im Fall der Maskenbeatmung zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt. Die Dauer der Beatmung wird einschließlich beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt. Die Stunden zwischen den Zeiten der Beatmung mittels Maske sind somit als Entwöhnung iS der Kodierrichtlinien 2007 zu bewerten.
4. Die Definition der maschinellen Beatmung in den Kodierrichtlinien 2007 enthält wesentliche Einschränkungen. Eine Beatmung über Maskensysteme ist nur dann als künstliche Beatmung zu bewerten, wenn es sich um einen intensivmedizinisch versorgten Patienten handelt und die Beatmung über Maskensysteme anstelle einer bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt wird. Eine maschinelle Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung des Patienten mindestens sechs Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wird.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 2. September 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zur Zahlung von 4.890,21 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 29. Dezember 2007 an die Klägerin verurteilt wird.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung von Krankenhausleistungen streitig.
Der 1932 geborene, in einem Pflegewohnheim wohnende und bei der Beklagten versicherte X. (im Folgenden: der Versicherte) wurde am 9. September 2007 vom Notarzt mit Sauerstoffgaben versorgt und in ein von der Klägerin betriebenes Krankenhaus eingewiesen, wo er wegen kardialer Dekompensation und Stauungspneumonie (Lungenentzündung) stationär aufgenommen wurde. Nachdem unter weiterer Sauerstoffgabe keine ausreichende Oxygenierung (Sauerstoffversorgung der Organe) erzielt wurde, wurde er auf die Intensivstation verlegt. Dort wurde von 9:15 Uhr bis 14:45 Uhr und von 18:30 Uhr bis 24:00 Uhr, am 10. September 2007 von 0:00 Uhr bis 1:30 Uhr, von 4:30 Uhr bis 5:00 Uhr und von 20:45 Uhr bis 21:45 Uhr und am 11. September 2007 von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr (die Zeiten sind im Detail strittig) Maskenatmung durchgeführt. Am 11. September 2007 um 14:30 Uhr wurde der Versicherte auf Station verlegt. Die stationäre Krankenhausbehandlung endete am 26. September 2007.
Die Klägerin rechnete den Krankenhausaufenthalt mit der DRG-Fallpauschale F43B (“Beatmung ≫ 24 h bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems, Alter ≫ 5 Jahre, mit äußerst schweren CC„) ab und machte mit Rechnung vom 1. Oktober 2007 einen Betrag in Höhe von 8.008,51 € (davon 7.739,42 € Basisbetrag für F43B) gegenüber der Beklagten geltend.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Hessen (MDK) ein. Unter dem 10. Dezember 2007 kam Dr. H. zu dem Ergebnis, dass der streitige Krankenhausaufenthalt mit der DRG-Fallpauschale F62B (“Herzinsuffizienz und Schock mit äußerst schweren CC, ohne Dialyse, ohne Reanimation, ohne komplexe Diagnose„) abzurechnen sei. Es habe sich um eine regulär angesetzte turnusgemäße intermittierende, nichtinvasive Beatmung mit Beginn direkt nach Aufnahme gehandelt. Von einer “Weaning-Situation„, einer Entwöhnung, könne nicht gesprochen werden. Es seien daher nur 11 Stunden Beatmungszeit zu berücksichtigen, so dass die korrekte DRG die F62B sei (Basisbetrag 2.924,56 €).
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die bereits erfolgte Bezahlung verrechnet habe, die Klägerin eine Rechnungsgutschrift veranlassen und eine neue Abrechnung vornehmen solle. Der Rechnungsbetrag würde dann kurzfristig von der Beklagten angewiesen. Am 28. Dezember 2007 verrechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 3.070,39 € mit Zahlungsavis im Rahmen einer Sammelüberweisung mit anderen Forderungen.
Mit der am 6. Mai 2008 bei dem Sozialgericht Darmstadt erhobenen Klage macht die Klägerin die Zahlung von 4.938,12 € incl. Zinsen seit dem 2. November 2007 geltend. Sie hat im Einzelnen die Zeiten der nichtinvasiven Beatmung und der Entwöhnung dargelegt, nach welchen von einer Beatmungszeit incl. Entwöhnungszeit von 36 Stunden auszugehen sei. Innerhalb der jeweiligen Entwöhnung habe der Versicherte immer wieder pathologische Sauerstoffwerte gehabt, welche eine...