Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung eines freiwillig krankenversicherten Rentners. Kapitalleistung. Versorgungsbezug. Direktversicherung. Institutionelle Abgrenzung. Versicherungsnehmer. Finanzierung. Gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Private Renten- oder Lebensversicherung. Policen-Darlehen. Abtretung. Schuldentilgung. Doppelte Beitragserhebung
Orientierungssatz
1. Der Beitragsbemessung eines freiwillig krankenversicherten Rentners werden nach § 238 a SGB 5 der Zahlbetrag der Rente bzw. der Versorgungsbezüge, das Arbeitseinkommen und die sonstigen Einnahmen, welche dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmen, zugrunde gelegt.
2. Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung i. S. von § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB 5 gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt werden.
3. Die Beitragsbemessung freiwillig Krankenversicherter erfasst auch Kapitalauszahlungen privater Renten- oder Lebensversicherungen. Bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen hat der Gesetzgeber zwischen eigen- und fremdfinanzierten Versorgungssystemen nicht differenziert. Damit werden Teilbeträge der Lebensversicherung, welche auf privat zur Altersvorsorge gezahlten Beiträgen beruhen, bei der Beitragsbemessung erfasst.
4. Die Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf die Kapitalauszahlung stellt weder einen Verstoß gegen Art. 14 GG noch einen enteignenden Eingriff dar.
Normenkette
SGB V §§ 238a, 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 240 Abs. 1; BetrAVG § 1; SGB XI § 57 Abs. 4; GG Art. 14 Abs. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger auf Leistungen aus einer Kapitallebensversicherung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu zahlen hat.
Der 1949 geborene Kläger bezieht seit 1. Februar 2009 eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von 628,06 EUR (Bl. 15 der Gerichtsakte S 10 KR 310/10 ER) sowie eine Witwerrente in Höhe von 282,11 EUR (Bl. 17 der Gerichtsakte S 10 KR 310/10 ER). Er ist bei der Beklagten bzw. der Beigeladenen freiwillig kranken- und pflegeversichert.
Der Kläger war Gesellschafter und angestellter Geschäftsführer der 1978 gegründeten Autohaus C. A. GmbH; 1982 wurde er alleiniger Gesellschafter der GmbH. Die Gesellschaft wurde mit Beschluss vom 5. November 1984 aufgelöst; die Auflösung wurde am 10. Januar 1985 in das Handelsregister eingetragen. Der Kläger wurde zum Liquidator bestellt. Die Löschung der GmbH erfolgte mit Wirkung zum 26. April 1986 (Handelsregisterauszug, Bl. 95 der Gerichtsakte S 10 KR 310/10 ER).
Ausweislich des Versicherungsscheins der D. Lebensversicherung AG (nachfolgend: Versicherung) hatte die Autohaus C. A. GmbH bereits am 1. April 1979 eine Kapitallebensversicherung mit einer Laufzeit von 30 Jahren zugunsten des Klägers abgeschlossen. Versicherungsnehmerin war die Fa. Autohaus C. A. GmbH; versicherte Person war der Kläger; der Versicherungsschein war überschrieben mit "Betriebliche Altersvorsorge" (Bl. 35-37 der Gerichtsakte). Der Vertrag wurde nach Auskunft des Versicherungsunternehmens nicht im Rahmen eines Gruppenvertrages abgeschlossen (Bl. 11 der Gerichtsakte S 10 KR 310/10 ER). Die Beitragszahlungen erfolgten unstreitig durch den Kläger.
Die Versicherung gewährte dem Kläger am 30. Dezember 1997 ein sog. Policen- Darlehen in Höhe von 43.000,- DM, welches der Kläger zur Schuldentilgung verwandte (Bl. 102 der Gerichtsakte).
Am 22. April 2009 teilte die Versicherung der Beklagten mit, dass mit Ablauf des Versicherungsvertrages am 1. April 2009 ein Betrag in Höhe von 95.923,61 EUR fällig geworden sei (Bl. 2 der Verwaltungsakte).
Dem Schreiben war eine Erklärung des Klägers vom 23. Februar 2009 beigefügt. Darin führte dieser aus, dass der Lebensversicherungsvertrag keine Direktversicherung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gewesen sei und die Beiträge weder als Betriebsausgaben abgesetzt noch pauschal versteuert worden seien; die Beiträge seien ausschließlich durch die versicherte Person gezahlt worden (Bl. 1 der Verwaltungsakte). Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 13. Juli 2009 fest, dass diese Kapitalabfindung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Als monatlicher Zahlbetrag seien ab 1. Mai 2009 monatlich 799,36 EUR (1/120 der Kapitalleistung) zu berücksichtigen. Dies entspreche einem monatlichen Beitrag von insgesamt 139,49 EUR bzw. ab 1. Juli 2009 von 134,69 EUR; der Bescheid erging auch im Namen der beigeladenen Pflegekasse. Der Kläger widersprach der Beitragserhebung mit Schreiben vom 15. Juli 2009. Mit Schreiben vom 23. November 2009 an die Beklagte verwies die Versicherung ausdrücklich darauf, dass ...