Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Minderung der Anspruchsdauer. Verschiebung der Arbeitslosmeldung auf späteren Zeitpunkt. Spontanberatungspflicht. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Orientierungssatz

Auch unter Geltung des SGB 3 können die rechtlichen Wirkungen der Arbeitslosmeldung als Anspruchsvoraussetzung für das Arbeitslosengeld im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, so dass hier eine Minderung des Arbeitslosengeldes nach § 128 Abs 2 S 2 SGB 3 wegen länger als einem Jahr zurückliegenden Sperrzeitereignis entfällt.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juli 2004 der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Mai 2000 aufgehoben wird.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1945 geborene Klägerin wendet sich gegen den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen.

Vom 1. April 1971 bis zum 31. Januar 2000 war sie bei der Flughafen als Sachbearbeiterin beschäftigt. Am 15. Dezember 1999 schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Darin heißt es u. a., dass auf der Grundlage einer mit dem Betriebsrat geschlossenen Vereinbarung vom 31. August 1994 nachstehende Vereinbarung über einen Übergangsurlaub (Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge) in Verbindung mit anschließender Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zwecks Inanspruchnahme von Altersrente getroffen werde. Die Klägerin erhalte ab dem 1. Februar 2000 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses unter Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf die ZVK-Gesamtversorgung einen unbezahlten Übergangsurlaub, an dessen Vereinbarung die F. ausdrücklich ein betriebliches Interesse anerkenne. Gleichzeitig werde das zwischen der F. und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen im unmittelbaren Anschluss an den Übergangsurlaub mit dem Ziel vorgezogener Versorgung wegen Arbeitslosigkeit mit Ablauf des 31. Januar 2003 in gegenseitigem Einvernehmen aufgehoben. Die Klägerin verpflichte sich, sich umgehend, jedoch spätestens am 1. Februar 2000, persönlich bei dem für ihren Wohnort zuständigen Arbeitsamt arbeitslos zu melden. Im Hinblick auf die zu erwartenden Sperr- und Ruhenszeiten wegen der einvernehmlichen Aufgabe der Beschäftigung und der Einmalzahlung werde die Klägerin erst für die Zeit ab dem 1. Februar 2001 Arbeitslosengeld beantragen. Mit Beginn des vereinbarten Übergangsurlaubs ende das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der F. Das Arbeitsverhältnis bestehe dagegen, ohne dass die Klägerin während des Übergangsurlaubs ihre Beschäftigung bei der F wieder aufnehme, formal bis zu dem mit Ablauf des 31. Januar 2003 vereinbarten Aufhebungszeitpunkt fort. Die Klägerin erhalte bei Beginn des Übergangsurlaubs als finanzielle Hilfe für die berufliche oder private Umorientierung von der F. eine Einmalzahlung in Höhe von 238.070,26 DM brutto. Die Einmalzahlung werde der Klägerin am 15. Februar 2000 auf ihr Konto überwiesen. Der Anspruch auf Altersruhegeld mit 60 Jahren könne nur entstehen, wenn sich die Klägerin entsprechend den getroffenen Vereinbarungen beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos melde sowie in den letzten eineinhalb Jahren vor Beginn der Gesamtversorgung insgesamt noch mindestens 52 Wochen lang arbeitslos gewesen sei.

Ausweislich Blatt 1 der Leistungsakte - LA - meldete sich die Klägerin am 4. Januar 2000 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld - nach einem Bearbeitervermerk zum 1. Februar 2000.

In einem Vordruck zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verwies die Klägerin unter dem 16. März 2000 auf die Aufhebungsvereinbarung vom 15. Dezember 1999, die ebenso wie “ein Fahrplan für den Vorruhestand„ beigefügt war (Bl. 4 bis 12 LA).

Mit Bescheid vom 6. April 2000 (Bl. 20 LA) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass im Zeitraum vom 1. Februar 2000 bis zum 24. April 2000 eine Sperrzeit eingetreten sei. Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe in diesem Zeitraum. Die Leistung könne ihr nach Ablauf der Sperrzeit nicht gezahlt werden, da die Voraussetzungen hierfür seit dem 25. April 2000 nicht mehr vorlägen, weil ihr Anspruch gemäß § 143a Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) bis zum 31. Oktober 2000 ruhe. Diesbezüglich nahm sie Bezug auf einen Bescheid vom 6. April 2000. Als Begründung gab die Beklagte an, die Klägerin habe ihre Beschäftigung selbst aufgegeben, denn sie habe ihr Arbeitsverhältnis bei der FAG zum 31. Januar 2000 durch Aufhebungsvertrag gelöst. Dabei sei es unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages von ihr oder von ihrem ehemaligen Arbeitgeber ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne ihre Zustimmung nicht hätte zustande kommen können.

Mit Bescheid vom 7. April 2000 (Bl. 18 LA) über das Ruhen d...

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