Entscheidungsstichwort (Thema)
Herzinfarkt. Herabsetzung des GdB. Ablauf der Heilungsbewährung. Wesentliche Änderung der Verhältnisse. Aufnahme der Heilungsbewährung in den Bescheidtext des Ausgangsbescheides. Begründung der Höhe des GdB
Leitsatz (amtlich)
Wird der GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung von einem Jahr nach einem Herzinfarkt wegen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB 10 herabgesetzt und besteht die wesentliche Änderung nur im Ablauf der Heilungsbewährung, so kann eine Aufhebung hierauf nicht gestützt werden, wenn es für den Betroffenen nicht ersichtlich war, daß die Höhe des GdB im Ausgangsbescheid maßgeblich durch die „Heilungsbewährung” bestimmt wurde.
Normenkette
SchwbG §§ 3-4; SGB X § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 20.04.1993; Aktenzeichen S-6C/Vb-717/89) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 20. April 1993 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 29. Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 1989, dieser in Gestalt des Bescheides vom 21. November 1991 und des Anerkenntnisses vom 20. April 1993 werden hinsichtlich der Höhe des GdB aufgehoben.
Die Anschlußberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) nach Heilungsbewährung nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Der am 20. Mai 1929 geborene Kläger erlitt am 30. September 1985 einen pastero-lateralen Infarkt. Im Heilverfahrensentlassungsbericht des Anschlußheilverfahrens in der Herz- und Kreislaufklinik Rotenburg an der Fulda vom 30. Dezember 1985 wird zu einem am 21. November 1985 durchgeführten Belastungs-EKG ausgeführt: „… Abbruch erfolgte nach 3 Minuten 100 Watt wegen peripherer Erschöpfung bei Erreichen einer Herzfrequenz von 136/Min. Keine Angina pectoris. Keine VES. …”. Unter Berücksichtigung dieses Heilverfahrensentlassungsberichtes stellte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Februar 1986 folgende Behinderung fest: Herzleistungsminderung nach Infarkt und bestimmte den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit –GdB– (damals noch MdE) mit 50 v.H. Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens holte der Beklagte einen Befundbericht bei Dr. F. (Internist, K.) vom 29. April 1988 ein und hörte den Kläger in einem Schreiben vom 4. November 1988 zu einer beabsichtigten Neufeststellung der Behinderung und Herabsetzung des GdB auf 30 an. Am 29. Dezember 1988 verfuhr der Beklagte entsprechend dem Anhörungsschreiben. Als Behinderungen stellte er fest: 1) Herzleistungsminderung bei coronarer Herzkrankheit mit Infarkt nach Heilungsbewährung und 2. arterielle Durchblutungsstörungen vorwiegend am linken Bein. Den GdB bewertete er mit 30. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 1989 zurück, wobei er die Behinderung zu 1) um „Bluthochdruck” ohne Änderung des GdB ergänzte.
Auf seine am 19. Juni 1989 beim Sozialgericht Kassel erhobene Klage hat dieses Befundberichte bei Dr. E. (Orthopäde, K.) vom 12. Oktober 1990 und Dr. F. vom 7. Dezember 1990 eingeholt. Im Anschluß an eine ergänzende Auskunft des Dr. E. vom 12. Januar 1991 hat Dr. K. für den Beklagten am 12. März 1991 zu den medizischen Unterlagen Stellung genommen.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus ein internistisches Sachverständigengutachten bei Dr. R. (K.) in Auftrag gegeben. Dieser hat in seinem Gutachten vom 31. August 1991 ausgeführt, daß der 1985 eingetretene Herzhinterwandinfarkt sich nunmehr weitgehend stabilisiert habe. Die Ausbelastungsherzfrequenz werde bei 100 Watt Belastung fast erreicht. Unter Berücksichtigung der mangelnden Schmerzempfindlichkeit des Klägers sei die Reduzierung des GdB von ursprünglich 50 auf nunmehr 30 nach Heilungsbewährung und Stabilisierung der Verhältnisse gerechtfertigt. Wegen einer Verschlimmerung der arteriellen Durchblutungserkrankung sei der GdB insgesamt jedoch nunmehr mit 60 anzunehmen. Nach einer Stellungnahme des Dr. K. für den Beklagten vom 6. November 1991 hat der Beklagte mit Neufeststellungsbescheid vom 21. November 1991 den Gesamt-GdB auf 40 angehoben. Die im Bescheid vom 29. Dezember 1988 benannte Behinderung zu 1) sei mit einem Einzel-GdB von 30 und die dort benannte Behinderung zu 2) nunmehr mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Das Sozialgericht hat desweiteren ein orthopädisches Sachverständigengutachten bei Dr. E. (K.) in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten vom 8. Oktober 1992 kommt er zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß der Gesamt-GdB 50 betragen müsse. Nach Stellungnahme von Dr. von F. für den Beklagten vom 24. November 1992 und ergänzender Stellungnahme des Dr. E. vom 20. Dezember 1992 hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Kassel vom 20. April 1993 ohne Erhöhung des Gesamt-GdB als weitere Behinderung festgestellt: Degenerative Wirbelsäulen- und Hüftgelenksveränderungen. Mit U...