Entscheidungsstichwort (Thema)
GdB-Herabsetzung. Ablauf der Heilungsbewährung. wesentliche Änderung. Erkennbarkeit im Feststellungsbescheid
Orientierungssatz
Zur Herabsetzung des GdB wegen Ablaufs der Heilungsbewährung, wenn aus dem Ursprungsbescheid die Festsetzung eines erhöhten GdB für eine Zeit der Heilungsbewährung nicht erkennbar war.
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.02.1994; Aktenzeichen S-3/Vb-1748/92) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Februar 1994 sowie der Bescheid des Beklagten vom 27. Februar 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 1992 aufgehoben.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1922 geborene Klägerin ist Schwerbehinderte nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG). Durch rechtsverbindlichen Bescheid vom … 1989 wurden bei ihr vom Beklagten folgende Behinderungen festgestellt:
1) Verlust der Gebärmutter. 2) Lymphoedeme an beiden Beinen und Unterbauch, rezidivierendes Erysipel
und der Grad der Behinderung (GdB) mit 90 bewertet. Darüber hinaus wurde der Klägerin der Nachteilsausgleich “G” gewährt. Diesem Bescheid ging u.a. als “Erstbescheid” der Bescheid vom … 1986 voraus, der bei der Klägerin “Verlust der Gebärmutter” als Behinderung feststellte und den GdB mit 60 bewertete. Der Bescheid enthielt keinen Hinweis darauf, daß die Höhe des GdB durch die der Klägerin eingeräumte fünfjährige Heilungsbewährung bedingt werde.
Am 6. November 1991 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihrer Behinderungen. Nach Beiziehung der entsprechenden Befundberichte und Anhörung der Klägerin erließ der Beklagte den Neufeststellungsbescheid vom … 1992, mit dem er die Behinderungen nunmehr wie folgt bezeichnete:
1) Lymphoedeme an beiden Beinen und Unterbauch, rezidivierendes Erysipel.
2) Reststörungen nach Unterleibsoperation und den Gesamt-GdB mit 60 bewertete. Der Nachteilsausgleich “G” blieb bestehen.
Der hiergegen am 24. März 1992 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom … 1992).
Hiergegen hat die Klägerin am 28. Juli 1992 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie eine Bescheinigung der F.-Klinik vom … 1992, einen Operationsausweis, einen Arztbrief des D-Krankenhauses vom … 1993 sowie ein Attest von Dr. D. vom … 1994 vorgelegt. Darüber hinaus hat das Sozialgericht Befundberichte von Dr. F. (… 1992), Dr. A.-D. (… 1992 und … 1992) mit entsprechenden weiteren ärztlichen Unterlagen eingeholt. Außerdem wurde ein Arztbrief der F.-Klinik vom … 1992 angefordert sowie ein Befundbericht der Masseurin Frau W. vom … 1993.
In seinen Stellungnahmen vom … 1992, … 1993 und … 1993 zu den vorgelegten medizinischen Unterlagen äußerte sich der Arzt des Beklagten Dr. K. im Ergebnis dahingehend, der Abschlußbericht über eine stationäre Behandlung in der F.-Klinik vom … bis … 1992 enthalte im Vergleich zu einem aktenkundigen Befund der Klinik aus dem Jahre 1989 keine neuen Aspekte. Die Untersuchung bei Aufnahme habe eine ausgeprägte Oedembildung im Bereich beider Beine mit Unterbauchoedem ergeben. Durch entsprechende physikalische Maßnahmen hätten im Verlauf der Heilmaßnahme 2.700 ml aus dem rechten und 2.100 ml Oedemflüssigkeit aus dem linken Bein entfernt werden können. Der hierbei dokumentierte Gesamtbefund sei bei der Behinderung zu 1. mit einem Teil-GdB von 50 in ausreichender Höhe berücksichtigt worden. Hierbei sei zu berücksichtigen gewesen, daß die Lymphstauung im Bereich beider Beine durch entsprechende therapeutische Maßnahmen durchaus besserungsfähig gewesen sei. In seiner Stellungnahme vom … 1993 führte Dr. K. dann weiter aus, daß objektive Untersuchungsergebnisse, die Rückschlüsse auf die nach dem SchwbG festzustellenden Funktionseinschränkungen ermöglichen, nicht mitgeteilt würden. Auch der in Fotokopie beiliegende Operationsausweis der Klägerin bezüglich eines 1986 durchgeführten gynäkologischen Eingriffs ergebe hierzu keine Aspekte. Zur weiteren Aufklärung schlug Dr. K. eine Begutachtung auf internistischem Fachgebiet vor, die im Einverständnis der Klägerin in der Versorgungsärztlichen Untersuchungsstelle Frankfurt am Main stattfinden könne. Hierzu kam es jedoch aufgrund der vom Gericht beigezogenen ärztlichen Unterlagen nicht. Vielmehr äußerte sich Dr. K. (… 1993) hierzu im Ergebnis dahingehend, daß die stationäre Behandlung im D-Krankenhaus wegen eines Erysipels im Bereich beider unteren Extremitäten erfolgt sei. Hierbei handele es sich um eine flächenhafte, mit hohem Fieber einhergehende Hautinfektion durch Streptokokken, die durch die vorbestehende Lymphstauung begünstigt werde. Im Rahmen der bisherigen Feststellungen nach dem SchwbG sei der Umstand, daß wiederholt Erysipele auftreten würden, bereits in angemessener Höhe berücksichtigt ...