Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. Transport präoperativer Eigenblutkonserven

 

Orientierungssatz

Zur Kostenerstattung des Transports präoperativer Eigenblutkonserven.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 13. Februar 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für den Transport von Eigenblutkonserven von Gießen nach Dortmund.

Die 1998 geborene und bei der Beklagten im Rahmen der Familienversicherung gesetzlich versicherte Klägerin leidet unter einer angeborenen Hüftfehlstellung (Hüftdysplasie), die wiederholte Operationen (3-fach-Beckenosteotomie) im Klinikum Dortmund, dem für diese Operationen nächsterreichbaren Krankenhaus, erforderlich machte.

Die für die erste Operation am 2. Juli 2014 von der operierenden Klinik veranlassten Eigenblutspenden ließ die Klägerin heimatnah im Universitätsklinikum Gießen durchführen. Auf Antrag der Klägerin vom 2. Juni 2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 8. August 2014 die Erstattung der Kosten für den Transport der Eigenblutkonserven von der Blutbank der Universitätsklinik Gießen zur Blutbank des Klinikums Dortmund durch die Fa. C. Transport - CX. in Höhe von 199,- € im Rahmen einer "Einzelfallentscheidung ohne Rechtsanspruch auf künftige ähnliche Fälle".

Die Klägerin beantragte mit Schreiben ihres Vaters vom 8. April 2015 die Übernahme der Kosten für den Transport von Eigenblutkonserven von der Blutbank der Universitätsklinik Gießen zur Blutbank des Klinikums Dortmund für eine weitere für den 30. Juni 2015 geplante Operation und legte eine "Rechnung" der Fa. C. Transport - CX. vom 12. März 2015 über 199,- € und eine "Blutkonserven-Anforderung Eigenblut" des Klinikums Dortmund vor. In der Rechnung der Fa. C. Transport - CX. hieß es: "…. und weisen darauf hin, dass die Rechnung bis zum Erteilen des Fahrauftrages unverbindlich bleibt. Die Rechnung gilt somit nicht als Auftragsbestätigung." Im Anforderungsschreiben des Klinikums Dortmund wurde gebeten, die Rechnung für die Blutkonserven "bis max. 150 € pro Entnahme" an das Institut zu überweisen. Außerdem war vermerkt, dass die Patientin bzw. deren Krankenkasse den Transport der Konserven und die hieraus entstehenden Kosten übernähmen.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 20. April 2015 ab. Der notwendige Transport des Eigenblutes zum Operations-Krankenhaus zähle zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Eigenblutspenden seien mit der Vergütung für das Krankenhaus abgegolten, wenn das operierende Krankenhaus die Eigenblutspende als notwendig erachte. Das anderslautende Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2012 (L 11 KR 3548/11) entfalte keine Wirkung in Hessen.

Die Eigenblutentnahmen erfolgten am 26. Mai 2015 und am 2. Juni 2015 im Universitätsklinikum Gießen und wurden im Juni 2015 durch die Fa. C. Transport - CX. nach einem entsprechenden "Fahrauftrag" der gesetzlichen Vertreter der Klägerin vom 25. Mai 2015 (einschließlich Einzugsermächtigung, Bl. 138 der Gerichtsakte) zur Blutbank des Klinikums Dortmund transportiert.

Den Widerspruch der Klägerin vom 4. Mai 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2015 zurück. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V komme nicht in Betracht. Der Kostenerstattungsanspruch gehe nicht weiter als der Sachleistungsanspruch. Ein Anspruch nach § 60 SGB V scheide aus, da davon nur Fahrten des Versicherten umfasst seien; der Versicherte müsse nach dieser Vorschrift selbst transportiert werden. Auch das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2012 (L 11 KR 3548/11) könne nicht zu einem anderen Ergebnis führen. In diesem Urteil werde darauf abgestellt, dass der Transport der Eigenblutkonserven als Teil der vollstationären Behandlung anzusehen sei. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn ausnahmsweise die Eigenblutentnahme nicht im behandelnden Krankenhaus erfolgen könne. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da das Klinikum Dortmund über ein eigenes Institut für Transfusionsmedizin verfüge. Die Wegstrecke vom Wohnort der Klägerin in das Klinikum Dortmund betrage lediglich 145 Kilometer. Dass die Abnahme von Eigenblut dort aus medizinischen Gründen nicht habe durchgeführt werden können, sei nicht ersichtlich. Es habe auch keine unaufschiebbare Leistung vorgelegen, die die Beklagte nicht rechtzeitig habe erbringen können.

Hiergegen hat die Klägerin am 30. Dezember 2015 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben und zur Klagebegründung ausgeführt, dass die Eigenblutspende in Gießen wesentlich weniger Zeit in Anspruch genommen habe. Die Klägerin hätte zusammen mit ihrer Mutter zweimal nach Dortmund zur Blutentnahme fahren müssen. Dafür wären ca. 200,- € angefallen. Für die Klägerin hätten die Fahrten zwei ganze Tage Schulausfall bedeutet. Im Hinblick darauf, dass sie nach d...

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