Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder. Krankenversicherung. Pflegeversicherung. Berücksichtigung von Einkommen des Ehegatten. Ausschluss der Absetzung von (Pausch-)Beträgen für nicht gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder. Verfassungsmäßigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 12 KR 8/17 R
Orientierungssatz
1. Ein Verstoß gegen Art 6 Abs 1 GG liegt dann nicht vor, wenn die Berücksichtigung von Absetzungsbeträgen für nicht familienversicherte Kinder bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter nach dem halben Ehegatteneinkommen ausgeschlossen wird, soweit diese nicht gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder, sondern in eine (neue) Ehe eingebracht worden sind (so auch LSG Berlin-Potsdam vom 16.7.2015 - L 1 KR 156/14).
2. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liegt dann nicht vor, wenn die Berücksichtigung von Absetzungsbeträgen für nicht familienversicherte Kinder bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter nach dem halben Ehegatteneinkommen ausgeschlossen wird, soweit diese nicht gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder, sondern in eine (neue) Ehe eingebracht worden sind (so auch LSG Berlin-Potsdam vom 16.7.2015 - L 1 KR 156/14).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. Mai 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der ab dem 1. Januar 2009 zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung streitig.
Die Klägerin ist seit März 2007 freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann. Dieser ist als Ruhestandsbeamter privat kranken- und pflegeversichert. In dem gemeinsamen Haushalt lebten auch die drei Kinder des Ehemannes der Klägerin (C. *1990, D. *1991 und E. *1994) sowie die zwei Kinder der Klägerin (F. *1993 und *1995). Keines der Kinder ist ein gemeinsam gezeugtes oder adoptiertes Kind der Klägerin und ihrem Ehemann.
Die Klägerin verfügte im Jahr 2009 über kein eigenes Einkommen, während ihr Ehemann eine Pension bezog, welche - nach den Angaben der Klägerin - im Juni 2009 monatlich 2.727,22 € brutto betrug.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 setzte die Beklagte - auch im Namen der Beigeladenen - unter Bezugnahme auf die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen „Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung“ ab dem 1. Januar 2009 für die Klägerin einen Betrag zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 229,77 € sowie ab dem 1. Juli 2009 in Höhe von monatlich 221,59 € fest. Bei der Berechnung brachte sie die Hälfte der Pension des Ehemannes der Klägerin als eigenes Einkommen der Klägerin ohne Abzug von Pauschalen für die Kinder in Ansatz.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, dass ihr Ehemann für seine drei Kinder unterhaltspflichtig sei. Die Unterhaltsbeträge für diese privat krankenversicherten Kinder seien bei der Ermittlung des Familieneinkommens in Abzug zu bringen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2009 wies die Beklagte - auch im Namen der Beigeladenen - den Widerspruch als unbegründet zurück. Abzüge seien nach § 2 Abs. 4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nur für gemeinsame Kinder vorzunehmen.
Am 7. Dezember 2009 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass ihre monatliche Mehrbelastung 87,78 € betrage. Die Nichtberücksichtigung der im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder bei der Beitragsbemessung sei rechtswidrig. Entweder müssten bei dem Einkommen ihres Ehemannes alle fünf Kinder einkommensmindernd berücksichtigt werden. Zumindest müsse das Einkommen ihres Mannes durch die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern deutlich gemindert werden. Jedenfalls aber müssten bei dem ihr zuzurechnenden Einkommen ihre beiden Kinder mit jeweils einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abgesetzt werden. Aber auch die drei Kinder ihres Ehemannes reduzierten dessen Einkommen und damit ihr abgeleitetes Einkommen, selbst wenn diese keine gemeinsamen Kinder seien. Grundsätzlich seien im Sinne der gesetzlichen Regelung gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder denjenigen Kindern gleichzustellen, die in der Familie des Mitglieds lebten und unterhalten würden, so dass sowohl ihre Kinder als auch die Kinder ihres Ehemannes einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Eine andere Auslegung der gesetzlichen Regelung widerspräche dem Schutz der Familie, wonach die Gleichberechtigung von ehelichen und nichtehelichen Kindern auch bei der Berechnung der Beiträge auf die in der Familie erzielten Einkünfte unabhängig davon zu gewährleisten sei, wer leibliches Elternteil sei.
Mit Urteil vom 18. Mai 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 16. Juli 2009 in Gestalt des Widers...