rechtskrätig
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 07.02.1994; Aktenzeichen S-3/U-1115/88) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 7. Februar 1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger streitet um die Anerkennung einer Epilepsie und eines dauerhaften Kopfschmerzes als Folge eines Schulunfalles sowie um die Zuerkennung einer Dauerrente.
Der am 3. Oktober 1970 geborene Kläger wurde am 13. Dezember 1979 in der Grundschule L. von deren Schulleiter S. körperlich gezüchtigt und gestoßen. Deswegen war ein Amtshaftungsverfahren vor dem Landgericht Gießen anhängig geworden (Az.: 3 O 755/82). In der dortigen Klageschrift vom 13. Dezember 1982 trug der Kläger vor, er habe mit dem Mitschüler O. W. während der Pause in einer Fensternische im Flur des Schulgebäudes gesessen, als der Lehrer S. hinzugetreten sei und ihn am rechten Ohr gepackt habe. Er habe ihn nach oben gezogen, so daß er zum Stehen gekommen sei. Er habe auch ein Ohr des damals 8jährigen O. W. ergriffen und dann beide mit den Köpfen heftig zusammengestoßen und habe sie an den Ohren von der Fensternische auf die Treppe gezogen. Schließlich habe er beide in den Rücken gestoßen, daß sie ins Stolpern geraten seien. Der Kläger sei die letzten Treppenstufen hinuntergefallen und auch der Mitschüler W. sei auf dem Flur zu Fall gekommen. Der Beklagte erfuhr erst im Verlaufe des Amtshaftungsprozesses am 1. September 1986 von diesem Geschehen und erhielt die Unfallanzeige der Grundschule L. vom 12. August 1986, in der die Uhrzeit des Unfalles mit ca. 9.45 Uhr angegeben wird. Seit diesem Ereignis klagt der Kläger über starke Kopfschmerzen, ein Schwindelgefühl, einen Brechreiz und kurzzeitige Ohnmachtsanfälle, die er auf ein beim Unfall angeblich erlittenes Schädel-Hirn-Trauma zurückführt.
Der Beklagte hat die Zivilverfahrensakte beigezogen, in der der Mitschüler O. W. die Lehrerinnen E. H. und S. S., der Polizeibeamte G. Z. und die Mutter des Klägers M. H. als Zeugen gehört wurden. In der Akte befindet sich die Bescheinigung des behandelnden Kinderarztes Dr. M. vom 17. August 1985, in der es heißt, er habe den Kläger wegen des Schulvorfalles erstmals am 28. Dezember 1979 behandelt, ohne daß er Besonderheiten habe feststellen können. Er habe angenommen, es handele sich um migräneartige Kopfneuralgien, bis er erfahren habe, daß der Kläger in der Schule mit dem Kopf eines anderen Schülers zusammengestossen sei. Diagnostisch sei somit auch eine leichte Gehirnerschütterung als Ursache der Kopfschmerzen in Frage gekommen. Bis zur Aufgabe seiner Praxis Ende September 1984 sei der Kläger in mehr oder minder kurzen Abständen wegen starker Kopfneuralgien, zu denen später noch epilepsieforme Anfälle mit Bewußtlosigkeit gekommen seien, in seiner Betreuung gewesen. Er kenne den Kläger vom ersten Lebensjahr an. Er habe nur die üblichen Kinderkrankheiten und banale Infekte gehabt. Die letzte Diagnose habe gelautet: migränöse Kopfneuralgien mit Residualepilepsie und Petit-Mal-Sturzanfällen. Dr. R., Kinderuniversitätsklinik M., hatte im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Lehrer S. das Gutachten vom 14. Juni 1984 mit ergänzender Stellungnahme vom 17. Januar 1986 erstattet und hatte darauf hingewiesen, beim Kläger sei es erstmals am 3. Dezember 1983 zu einem Zusammenbruch gekommen. Er hat das Kopftrauma als auslösendes Ereignis für das beim Kläger festgestellte Erkrankungsbild angesehen. Im Anschluß an eine Schädelverletzung sei es zu wiederholten Migräneattacken und in der Folge auftretenden Krampfanfällen mit Bewußtlosigkeit gekommen. Für beide Folgeerscheinungen sei der Zusammenhang mit dem Schädeltrauma mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben. Die Migräneattacken würden wahrscheinlich durch eine orthostatische Dysregulation unterhalten. Zwei Wochen nach dem Schadensereignis sei eine EEG-Ableitung durchgeführt worden mit Zeichen fokal vermehrter Krampfbereitschaft. Diese örtlich begrenzte Krampfbereitschaft sei in den nachfolgenden Untersuchungen der Neuropädiatrischen Abteilung der Universitätskinderklinik Gießen immer wieder nachweisbar gewesen. Ein derartiges Erscheinungsbild werde immer wieder im Zusammenhang mit Kopfverletzungen berichtet. Im weiteren Verlauf würden zusätzlich und unabhängig davon Zeichen irregulärer Spike-Wave-Aktivität gefunden, die eine genetische Disposition hätten und mit Sicherheit unabhängig vom Kopftrauma gesehen werden müßten. Sie zeigten an, daß eine niedrigere Reizschwelle für Krampfanfälle beim Kläger bestehe. Die vorhergehenden Mittelohrentzündungen ohne Hirnbeteiligung seien für die vermehrte Krampfbereitschaft nicht verantwortlich zu machen. Der Amtsarzt Dr. P. nahm am 3. September 1986 zur streitigen Zusammenhangsfrage Stellung und vertrat die Auffassung, es sei unwahrscheinlich, daß die Mißhandlung...