Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungsbefugnis im Verwaltungsverfahren gegen die Bundesanstalt für Arbeit. Rentenberater
Leitsatz (amtlich)
In Fortführung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ein Rentenberater einen Arbeitslosen auch gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit vertreten, wenn dieser eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht und die Bundesanstalt bei der Rückforderung von Arbeitslosengeld übersehen hat, dass der Rentenversicherungsträger in einem Zeitraum, der dem Bewilligungszeitraum des Arbeitslosengelds entspricht, das Arbeitslosengeld bereits berücksichtigt und von dem Zahlbetrag der Rente abgezogen hat. Das Tätigwerden des Rechtsbeistands im Verwaltungsverfahren der Bundesanstalt für Arbeit stellt sich insoweit als für den Mandanten unverzichtbare Tätigkeit dar, die seiner Haupttätigkeit, der Vertretung in Rentensachen, untergeordnet ist, dieser jedoch dient (Fortführung BSG vom 5.11.1998 - B 11 AL 31/98 R = SozR 3-1300 § 13 Nr 5 = BSGE 83, 100)).
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 7. Dezember 1999 wird zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass der Bescheid vom 29. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1998 rechtswidrig gewesen ist.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit den Kläger in einem Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigten zurückweisen durfte.
Dem Kläger wurde durch Erlaubnis des Präsidenten des Landgerichts G vom 20. September 1990 die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rentenberater erteilt. Der Kläger hat die Versicherte D K in einem Verwaltungsverfahren gegenüber der LVA Sachsen-Anhalt als Bevollmächtigter vertreten. In diesem Verfahren erreichte der Kläger, dass Frau K durch die LVA Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 20. Oktober 1997 die Weiterzahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. Dezember 1998 bewilligt wurde. Die LVA rechnete ab 1. September 1997 das von der Beklagten gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 574,60 DM auf die Rente an. Mit Bescheid vom 27. Januar 1998 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. September 1997 bis 25. Oktober 1997 nach § 48 Sozialgesetzbuch X (SGB X) auf und forderte Arbeitslosengeld in Höhe von 1.060,80 DM von der Mandantin des Klägers zurück. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger unter Vorlage einer Vollmacht seiner Mandantin Widerspruch.
Mit Schreiben vom 25. Februar 1998 teilte das Arbeitsamt M dem Kläger mit, es beabsichtige ihn gemäß § 13 Abs. 5 SGB X zurückzuweisen und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung zur Sach- und Rechtslage. Nach Eingang der Stellungnahme des Klägers vom 17. März 1998 wies das Arbeitsamt M den Kläger mit Bescheid vom 29. April 1998 als Verfahrensbevollmächtigten von Frau K zurück. Zur Begründung führte es aus, er habe die Erlaubnis des Präsidenten des Landgerichts G zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rentenberater. Damit sei auszuschließen, dass der Kläger in Verfahren, die der Bundesanstalt für Arbeit zugewiesene Aufgabengebiete betreffen, wie z.B. das vorliegende Widerspruchsverfahren, tätig werden könne. Es werde auf das Urteil des BSG vom 6. März 1997 (Az.: 7 RAr 20/96) verwiesen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 6. Mai 1998 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, die Zurückweisung seiner Person als Verfahrensbevollmächtigter in dem Widerspruchsverfahren sei unrechtmäßig. In diesem Widerspruchsverfahren seien die Voraussetzungen für eine Annexkompetenz erfüllt. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang mit seiner Rentenberatertätigkeit, der so eng sei, dass diese ohne die Rechtsbesorgung gegenüber dem Arbeitsamt unmöglich gemacht oder doch unangemessen erschwert würde. Zur weiteren Begründung legte er ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 1998 aus einem Fall mit einem ähnlichen Sachverhalt vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In der Begründung führte sie aus, nach § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) dürfe die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt sei. Die Erlaubnis werde jeweils für einen Sachbereich erteilt, vorliegend zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten als Rentenberater.
Am 4. August 1998 hat der Kläger Klage erhoben. In der Begründung trug er vor, die Zurückweisung durch die Beklagte sei rechtswidrig erfolgt. Das von der Beklagten herangezogene BSG-Urteil vom 6. März 1997 sei in einem völlig anders gelagerten Einzelfall ergangen. Das zur Begrün...