Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Erlass von Beitragsschulden setzt Anzeige des Versicherten hinsichtlich der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 voraus. Inanspruchnahme von Leistungen zu Lasten der Krankenkasse kann Anzeige in diesem Sinne nicht ersetzen
Leitsatz (amtlich)
Ein Beitragserlass gemäß § 256a SGB V setzt eine Anzeige der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V voraus. Die bloße Inanspruchnahme von Leistungen zu Lasten der Krankenkasse stellt keine Anzeige in diesem Sinne dar.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. Oktober 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Erlass von rückständigen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit 2. September 2010 bis 1. Mai 2013 streitig.
Die 1990 geborene Klägerin war bis zum 31. August 2010 aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Beklagten pflichtversichert. Für den 1. September 2010 bezog sie Arbeitslosengeld und war weiterhin bei der Beklagten pflichtversichert.
Am 3. September 2010 teilte die Mutter der Klägerin der Beklagten mit, dass die Klägerin ab dem 2. September 2010 selbstständig tätig sei. Eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten werde in Erwägung gezogen. Unter dem 9. September 2010 übersandte die Beklagte auf Wunsch der Klägerin einen Antrag zur freiwilligen Versicherung. In der Folgezeit erinnerte die Beklagte die Klägerin mehrmals an die Rücksendung. Am 15. November 2010 erhielt die Beklagte die Auskunft, dass die Klägerin privat versichert sei. Nachdem die Beklagte durch die Übermittlung der ärztlichen Behandlungsdaten durch die Kassenärztlichen Vereinigung festgestellt hatte, dass die Klägerin Leistungen auf Kosten der Beklagten in Anspruch genommen hatte, schrieb sie die Klägerin unter dem 25. Juli 2012 erneut an. Am 9. August 2012 gab die Klägerin in der Geschäftsstelle der Beklagten an, dass sie selbstständig sei, eine private Krankenversicherung aber nicht zustande gekommen sei. Die Beklagte händigte der Klägerin daraufhin einen Antrag auf eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) aus. Für die Behandlungen der Klägerin in der Zeit vom 8. März 2011 bis Mai 2012 sind Kosten in Höhe von circa 490,60 € angefallen.
Mit Bescheid vom 27. September 2012 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin auf Anschreiben der Beklagten nicht geantwortet habe. Da Leistungen zu Lasten der Beklagten in Anspruch genommen worden seien, müsse sie davon ausgehen, dass keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Die Versicherung der Klägerin werde deshalb ab dem 2. September 2010 bei der Beklagten fortgesetzt. Unter Heranziehung des Höchstbeitrag setzte die Beklagte monatliche Beiträge in Höhe von 644,52 € (569,93 € Krankenversicherung und 74,59 € Pflegeversicherung) ab Januar 2012 fest. Ferner verwies sie darauf, dass eine rückwirkende Ermäßigung bei Nachweis eines geringeren Einkommens möglich sei. Für die Zeit vom 2. September 2010 bis 31. August 2012 ergebe sich zudem eine Nachberechnung in Höhe von 15.079,97 €. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Bei ihrem geringen Einkommen könne ein so hoher Betrag nicht festgesetzt werden.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. September 2012 auf und setzte die monatlichen Beiträge der Klägerin rückwirkend ab dem 2. September 2010 auf 331,73 € und die Nachberechnung in Höhe von 8.095,43 € fest. Dieser Bescheid erging - ebenso wie die folgenden Bescheide - auch im Namen der Beigeladenen. Mit Bescheid vom 12. November 2012 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge ab dem 1. Dezember 2012 auf 221,15 € fest und wies darauf hin, dass die endgültige Festsetzung nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides erfolge. Mit Bescheid vom 23. November 2012 erfolgte diese Beitragsfestsetzung rückwirkend ab dem 2. September 2010. Dies ergebe eine Nachberechnung in Höhe von 5.618,06 €. Nach Erhalt der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 setzte die Beklagte die nachzuzahlenden Beiträge endgültig mit Bescheid vom 5. Juli 2013 auf 8.537,16 € fest.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 beantragte die Klägerin den Erlass der Beiträge und Säumniszuschläge aufgrund des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung von Beitragsschulden zumindest bis einschließlich September 2012.
Mit Bescheid vom 25. November 2013 erließ die Beklagte für den Zeitraum 2. September 2010 bis 31. Juli 2013 Säumniszuschläge in Höhe von 1.672,- € und wies den Erlassantrag im Übrigen zurück. Der Zeitraum zwischen dem Beginn der Versicherung der Klägerin und dem Ende des Monats vor Feststellung der Versicherungspflicht umfasse die Zeit vom 2. September 2010 bis zum 31. August 2012. Ein Erlass der Beiträge sei nicht möglich, da die Klägerin in dieser Zeit Krankenversicherungsleistungen in Ansp...