Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung über die Erstattungspflicht der Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens durch die Staatskasse muß durch Beschluß erfolgen. Es ist nicht zulässig, eine solche Entscheidung in der Urteilsformel oder in den Entscheidungsgründen zu treffen.
Normenkette
SGG § 109
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.01.1979; Aktenzeichen S-3/U - 110/77) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 1979 insoweit aufgehoben, als es eine Entscheidung darüber getroffen hat, ob die dem Kläger durch die Einholung des Gutachtens von Prof. Dr. D. und Dr. W. entstandenen Kosten zu erstatten sind. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Entschädigung einer praktischen Erblindung beiderseits als Folge eines Ereignisses vom 21. September 1972.
Unter dem 29. September 1972 zeigte die Eisengroßhandlung S. & Co. in F. an, daß sich der im Jahre 1940 geborene Kläger am 21. September 1972 beim Reinigen von Blechen mit einem Lösungsmittel die Augen verletzt habe. Die Einwirkung beruhe nicht auf direkten Spritzern sondern indirekt auf Dämpfen. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis von der AOK F., den Krankheitsbericht des Augenarztes Dr. F. (F.) und die Auskunft des kaufm. Angestellten M. von der Firma S. & Co. vom 4., 8. bzw. 19. November 1976 sowie die Rentenakten der Landesversicherungsanstalt Hessen (VI-0121300000K357) mit verschiedenen Krankheitsberichten des Prof. Dr. D. (Zentrum der Augenheilkunde der Universität F.) und der Fachklinik für Augenerkrankungen S. in H. bei. In diesen Berichten bzw. Auskünften ist u.a. ausgeführt, daß der Kläger bereits am 18. März 1972 Karamba-Spritzer in das linke Auge erhalten habe und schon seit zwei Wochen schlechter sehe. Bei der stationären Behandlung vom 1. Dezember 1972 bis zum 10. April 1976 in der Fachklinik S. H. wurde die beiderseitige Erblindung auf einen Morbus Behcet zurückgeführt, die von dem Facharzt für Augenheilkunde W. von dieser Klinik unter dem 30. November 1976 nochmals bestätigt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Berichte verwiesen. Sodann hörte die Beklagte Prof. Dr. S. (Leitender Arzt der Augenabteilung des St. V. und E.-Hospitals M.), der am 24. Februar 1977 ausführte, daß die Erblindung beiderseits ohne Zweifel auf einer unfallunabhängigen Behcet'schen Erkrankung beruhe. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 1977 die Gewährung einer Entschädigung ab.
Gegen diesen an ihn am gleichen Tage abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 29. April 1977 Klage erhoben und geltend gemacht, die Annahme einer Behcet'schen Erkrankung beruhe auf einer Verdachtsdiagnose und es bedürfe zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts eines weiteren Zusammenhangsgutachtens. Das SG hat ein solches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – von Prof. Dr. D. und Oberarzt Dr. W. unter dem 10. Februar 1978 eingeholt. In diesem Gutachten ist ausgeführt, daß bereits am 21. September 1972 ohne Anzeichen für Ätzungsfolgen Veränderungen an der Netz- und Aderhaut beider Augen bestanden hätten. Der gesamte Krankheitsverlauf sei typisch für eine unfallunabhängige recidivierende Netzhaut-Aderhautentzündung. Mit Urteil vom 15. Januar 1979 hat das SG sodann die Klage abgewiesen mit der Begründung, daß eine Einwirkung von außen auf die Augen nicht feststellbar sei, da sich zunächst Veränderungen an der Leder- oder Hornhaut hätten zeigen müssen. Daran fehle es hier aber. Dem Kläger seien auch nicht die Kosten des nach § 109 SGG erstellten Gutachtens von Prof. Dr. D. und Dr. W. zu erstatten, da es nicht zur Sachaufklärung beigetragen habe. Hierüber sei im Urteil mitzuentscheiden gewesen.
Gegen dieses ihm am 22. Februar 1979 zugestellte Urteil hat der Kläger bei dem SG schriftlich am 19. März 1979 Berufung eingelegt. Er bringt zu ihrer Begründung vor: Die Betrachtungsweise des SG sei eine ausschließlich physikalisch-schematische, ohne daß es dazu die erforderlichen Feststellungen getroffen habe. Es habe auch die Möglichkeit einer chemischen Reaktion im oder am Auge außer Acht gelassen. Schwere körperliche Arbeiten könnten geeignet sein, eine Netzhautablösung herbeizuführen. Ferner ergebe sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. D. und des Dr. W., daß diese Sachverständigen durchaus eine Netzhautablösung als Folge einer Verätzung durch Reinigungsmittel für möglich halten. Lediglich der Ursachenzusammenhang zwischen dem Ereignis vom 21. September 1972 und des am selben Tage diagnostizierten Schubs im Bereich der Netzhaut-Aderhaut sei nicht festgestellt worden. Nach diesen Ausführungen müsse die Zusammenhangsfrage noch als offen angesehen werden, so daß ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen sei. Im übrigen seien ihm die Kosten des nach § 109 SGG ers...