Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.08.2023; Aktenzeichen B 12 BA 3/22 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. April 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Tatbestand

Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers in Bezug auf Montagetätigkeiten während seiner Inhaftierung bei der Beigeladenen zu 1).

Der Kläger befand sich vom 13. September 2011 bis 5. November 2018 als Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt (JVA) D., der Beigeladenen zu 1). Vom 5. Februar 2015 bis 11. April 2017 war der Kläger durchgehend zur Arbeit eingeteilt. Als Energieanlagenelektroniker montierte er Spülmaschinen und verschiedene Schaltkästen aus dem Portfolio der B. GmbH werktäglich in den Räumen der Beigeladenen zu 1).

Mit vor dem Sozialgericht Freiburg erhobener Untätigkeitsklage vom 27. Januar 2017 beantragte der Kläger u.a. die Feststellung des Status im Hinblick auf die von ihm in der Haft verrichteten Montagetätigkeiten für die Firma B. Mit Schreiben vom 13. September 2018 übersandte die Beklagte zur Statusklärung dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) einen Fragebogen. Am 20. September 2018 gab die Beigeladene zu 1) an, der Kläger sei im Rahmen der gesetzlich verankerten Arbeitspflicht für Strafgefangene zur Arbeit in den Arbeitsbetrieben der JVA eingeteilt gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe die vollständige Organisationshoheit über die Abläufe in den Arbeitsbetrieben inne (gehabt). Private Arbeitsverträge seien mit den Gefangenen nicht abgeschlossen worden. Mit der Firma B. existiere ein Dienstleistungsvertrag, wonach die Beigeladene zu 1) verschiedene Montagearbeiten für die Firma B. übernehme. Die Beigeladene zu 1) weise die Gefangenen in den Arbeitsplatz bzw. die individuell zugewiesene Tätigkeit ein, erfasse die täglichen Arbeitszeiten sowie die Anzahl und Qualität der produzierten Schaltkästen und vergüte die Tätigkeiten (Stundenlohn zwischen 1,37 und 2,28 €). Im Rahmen der Sicherstellung der Qualität der montierten Produkte seien bestimmte Vorgaben der Firma B. (Montageanleitungen) zu beachten. Die Firma B. überlasse die notwendigen Werkzeuge und zahle eine Vergütung an die Beigeladene zu 1) je nach Anzahl der montierten Maschinen und Zubehörteile. Der Kläger habe werktäglich von 6:26 Uhr bis 14:45 Uhr abzüglich Frühstücks- und Mittagspause (9:00 Uhr bis 9:10 Uhr und 11:46 Uhr bis 12:43 Uhr) gearbeitet.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2018 stellte die Beklagte fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mangels vertraglicher Beziehung mit der Firma B. nicht bestehe. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 hörte die Beklagte den Kläger gleichzeitig zur beabsichtigten Feststellung an, dass ein abhängiges versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) mit der Beigeladenen zu 1) trotz Weisungsgebundenheit nicht bestehe, da die Montagetätigkeiten nicht in einem privaten Rechtsverhältnis, sondern aufgrund staatlichen Zwangs in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ausgeübt worden seien (§§ 37, 41, 43 Strafvollzugsgesetz). Dies begründe lediglich Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Der entsprechende Bescheid erging am 13. Februar 2019.

Am 17. Januar 2019 hat der Kläger Klage (S 35 BA 8/19) und gleichzeitig Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2018 die Firma B. betreffend erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat den Eilantrag mit Beschluss vom 7. Februar 2019 abgelehnt (S 35 BA 7/19 ER). Am 22. Februar 2019 hat der Kläger Klage (S 35 BA 20/19) und gleichzeitig Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. Februar 2019 die Beigeladene zu 1) betreffend erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat den Eilantrag mit Beschluss vom 5. März 2019 abgelehnt (S 35 BA 19/19 ER). Mit Widerspruchsbescheiden vom 13. August 2019 hat die Beklagte die Widersprüche des Klägers zurückgewiesen.

Das Sozialgericht hat mit Beschlüssen vom 25. Oktober 2019 die Verfahren S 14 BA 8/19 und S 14 BA 20/19 (vormals S 35 BA 8/19 und S 35 BA 20/19) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden sowie die JVA D. und die Agentur für Arbeit Offenburg zum Verfahren notwendig beigeladen. Das Gericht hat die Beteiligten unter dem 25. Oktober 2019 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid (§ 105 Sozialgerichtsgesetz - SGG) angehört.

Mit Gerichtsbescheid vom 14. April 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet:

„Die Bescheide der Beklagten vom 10. Dezember 2018 und 13. Februar 2019 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. August 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläge...

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