Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 29.04.1975) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29. April 1975 sowie der Bescheid vom 13. Juli 1973 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ihm das Ereignis vom 25. Juli 1972 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Unfallentschädigung aufgrund einer durch eine Tätlichkeit erlittenen Verletzung.
Der … 1925 geborene und als Fuhrunternehmer tätige Kläger zog sich der förmlichen Unfallanzeige vom 31. Juli 1972 und des Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom Kreiskrankenhaus in A. vom 4. August 1972 zufolge am 26. Juli 1972 bei einer Schlägerei mit seinem Bruder H. G. und dessen Ehefrau H. in deren Haus eine Prellung des linken Mittelfinger-Mittelgelenkes mit Schmerzen im Verlauf der Strecksehne, eine Kopfplatzwunde und eine leichte Distorsion des linken Handgelenkes zu. Er hatte, wie es in der Unfallanzeige hieß, seinen Bruder H. G. aufgesucht, um von diesem die Herausgabe der ihm gehörenden und bei diesem untergestellten Bordwände eines Lastkraftwagenanhängers zu fordern. Hierbei sei es zu einem heftigen Wortwechsel gekommen, der sich in eine Schlägerei ausgeweitet habe, in die die Ehefrau des Bruders eingegriffen und mit einer Harke auf den Kläger eingeschlagen habe. Bei seiner Vernehmung vor der Stadtverwaltung G. am 25. August 1972 bestätigte der Kläger diese Angaben. Wegen der erlittenen Verletzungen war er bis zum 3. September 1972 arbeitsunfähig erkrankt, wie Dr. S. in seinem Nachschaubericht vom 1. September 1972 mitteilte.
Die Beklagte zog die Akten des Amtsgerichtes A. – Ds 211/72 – bei, denen zufolge der Kläger gegen seinen Bruder H. und die Schwägerin H. G. Strafantrag wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt hatte. Sowohl diese Beschuldigten als auch die anwesende Schwester E. G. geb. G. sagten aus, daß der Kläger ihm gehörende Bordwände habe abholen wollen bzw. deren Herausgabe gefordert habe, dies aber von H. G. verweigert worden sei. H. G. gab an, zum Kläger gesagt zu haben, er könne sie sich hinter der Scheune holen, er mache sie aber nicht frei.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit formlosem Schreiben vom 2. Februar 1973 mit, daß die am 26. Juli 1972 erlittenen Verletzungen nicht die Folge eines Arbeitsunfalls seien, da kein ursächlicher Zusammenhang mit dem von ihm betriebenen Fuhrunternehmen bestanden habe. Diese hätten ihre Ursache vielmehr in bereits seit längerer Zeit bestehenden Familien- und Erbschaftsstreitigkeiten gehabt. Mit am 6. März 1973 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben widersprach der Kläger dieser Auffassung, worauf diese mit einem weiteren formlosen Schreiben vom 24. Mai 1973 erneut die Unfallentschädigung versagte. Mit dem am 7. Juni 1973 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben begehrte der Kläger hierauf einen förmlichen Bescheid, den die Beklagte am 13. Juli 1973 unter Wiederholung ihres bisherigen Standpunktes erteilte.
Gegen diesen am gleichen Tage mit Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Gießen – SG – am 13. August 1973 Klage erhoben und geltend gemacht: Entgegen dem angefochtenen Bescheid habe er, als er am 26. Juli 1972 bei den tätlichen Auseinandersetzungen mit seinem Bruder H. G. und dessen Ehefrau H. verschiedene Verletzungen erlitt, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Er habe nämlich an diesem Tage zum wiederholten Male seinen Bruder aufgesucht, um die Herausgabe der ihm gehörenden und auf dessen Hof lagernden Bordwände eines verschrotteten Lastkraftwagenanhängers zu fordern. Diese Bordwände seien vor der Übergabe des Hofes seines Vaters an den Bruder H. G. dort vorübergehend abgestellt worden und hätten nunmehr für den Umbau eines Sattelschleppers seines Unternehmens verwendet werden sollen. Sein Bruder habe ihm aber erklärt, daß er diese Bordwände sich zwar nehmen könne, aber die auf diesen lagernden Kartoffeln und anderen Gegenstände selbst entfernen müsse. In diesem Zusammenhang sei es dann zur Tätlichkeit zwischen H. G. und ihm gekommen, in deren Verlauf dessen Ehefrau H. mit einer Harke auf ihn eingeschlagen habe. Im übrigen gehe es ihm darum, für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 26. Juli bis zum 20. August 1972 ein Tagegeld von rund 100,– DM zu erhalten.
Am 29. April 1975 hat das SG aus den Gründen des angefochtenen Bescheides die Klage abgewiesen und die Rechtsmittelbelehrung dahin erteilt, daß gegen das Urteil Berufung eingelegt werden könne.
Gegen dieses, an ihn am 14. Juni 1975 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Juli 1975 Berufung eingelegt und sich zu deren Begründung auf das Vorbringen im ersten Rechtszuge gestützt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29. April 1975 sowie den Bescheid vom 13. Juli 1973 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26. Juli bis zum 20. August 1972 ein Tag...