Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung zur Erbringung laborärztlicher Leistungen

 

Orientierungssatz

1. Hat sich die Kassenärztliche Vereinigung im Genehmigungsverfahren bestimmter vertragsärztlicher Leistungen für eine Vorformulierung der Genehmigung im Antragsformular entschieden, um bei der Genehmigungserteilung eine Arbeitsersparnis zu erreichen, so gilt die Genehmigung mit der Aufbringung des Posteingangsstempels auf dem Formular und der Rücksendung an den Vertragsarzt als erteilt.

2. Ist der Vertragsarzt aufgrund erteilter Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung laborärztlicher Leistungen mittels nichtradio-immunologischer Verfahren berechtigt, so stellt der technische Fortschritt in der Laboratoriumsmedizin keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i. S. von § 48 SGB 10 dar.

3. Ein bestandskräftiger begünstigender Verwaltungsakt verliert auch nicht durch einen Verzicht des Begünstigten an Wirkung.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 23.320,29 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Berechtigung des Klägers zur Erbringung verschiedener laborärztlicher Leistungen aus dem Abschnitt O III Einheitlicher Bewertungsmaßstab 2001 (≪EBM≫; Nrn. 4151, 4152, 4164, 4166, 4275, 4276, 4290, 4417 und 4433) mittels nichtradioimmunologischer Verfahren in der Zeit zwischen dem 7. Oktober 2003 und dem 7. Dezember 2004 sowie um eine hieraus resultierende Honorarberichtigung wegen fehlender Abrechnungsgenehmigung im Quartal IV/03.

Der 1939 geborene Kläger war bis zum 30. Juni 2007 als Facharzt für Innere Medizin und Facharzt für Nuklearmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Am 21. Mai 1986 ging das vom Kläger mit Datum vom 20. Mai 1986 ausgefüllte und unterschriebene Formular über die Erbringung von Laboratoriumsuntersuchungen bei der Beklagten ein. Darin hatte der Kläger angegeben, während seiner bisherigen vertragsärztlichen Tätigkeit verschiedene Verfahren und Untersuchungsmethoden angewandt zu haben. Ziffer 3 des Formulars lautete:

“Immunologische Verfahren in der Art von Bindungsanalysen (EIA usw.), mit Ausnahme der Untersuchung von T3, T4 und TBK. Betreffende Gebührennummer: 3798„.

In dem Formular hieß es abschließend unter “Widerrufsvorbehalt„

“Durch die obige Erklärung mit Ihrer Unterschrift erhalten Sie gleichzeitig unter dem Vorbehalt des Widerrufs die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung der oben angekreuzten Leistungen. Der Widerrufsvorbehalt gilt insbesondere für den Fall, dass die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Genehmigung bei deren Erteilung nicht vorlagen oder nachträglich entfallen sind. Das Gleiche gilt für den Fall, dass die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.„

Ein Antrag des Klägers vom 7. Oktober 2002 auf Abrechnungsgenehmigung der Ziffern 4111 - 4130 EBM wurde durch die Beklagte nicht beschieden; die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 28. Oktober 2002 auf, einen Antrag auf Durchführung und Abrechnung mittels nichtradioimmunologischer Verfahren zu stellen. Vor diesem Hintergrund beantragte der Kläger am 4. März 2003 die Genehmigung der Abrechnung folgender Leistungen aus Abschnitt O III EBM: Nr. 4151, 4152, 4164, 4166, 4208, 4211, 4212, 4215, 4218, 4231, 4233, 4275, 4276, 4279, 4290, 4417 und 4433. Im Antrag führte der Kläger aus, er habe für diese Leistungen bereits eine Genehmigung als radioimmunologische Leistungen (sog. RIA-Verfahren); wegen der Reduzierung des radioaktiven Abfalls habe er alle RIA-Untersuchungsmethoden in Luminiscence-Verfahren (sog. LIA-Verfahren) umgewandelt. Mit Bescheid vom 30. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Abrechnungsgenehmigung mit der Begründung ab, Gegenstand der begehrten Abrechnungsbefugnis sei die Umstellung von radioimmunologischen auf nichtradioimmunologische Methoden, die dem Genehmigungsverfahren gemäß den Labor-Richtlinien unterlägen. Vor Erteilung der Genehmigung seien der Nachweis der erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten sowie die Teilnahme an einem Kolloquium notwendig. Dem Kläger wurde eingeräumt, die entsprechenden Nachweise bis zum 30. April 2004 zu erbringen.

Den ihm am 21. April 2004 angebotenen Termin vor der Labor-Kommission nahm der Kläger (unentschuldigt) nicht wahr, legte aber am 17. Mai 2004 eine Bescheinigung über eine 20-tägige Hospitation in der laborärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. LR. und Kollegen vor. Am 25. August 2004 nahm der Kläger an einem Kolloquium der Labor-Kommission teil. Die Labor-Kommission der Beklagten gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger habe das Kolloquium mangels Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften zur Qualitätskontrolle und unklarer Antworten insgesamt nicht bestanden. Mit Bescheid vom 6. September 2004 lehnte die Beklagte die Abrechnungsgenehmigung für die Nrn. 4151, 4152, 41...

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