Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Umdeutung eines Antrags auf mündliche Verhandlung nach Erlass eines Gerichtsbescheides in eine Berufung
Orientierungssatz
1. Nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGG kann gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden, wenn gegen den Gerichtsbescheid keine Berufung gegeben ist. Darüber kann allein das Sozialgericht entscheiden. Bei diesem Antrag handelt es sich um einen Rechtsbehelf und nicht um ein Rechtsmittel.
2. Die Umdeutung in eine Berufung ist unzulässig. Die unterschiedliche Zielrichtung von Rechtsmittel und Rechtsbehelf und die verschiedene Zuständigkeit, über den Rechtsbehelf/das Rechtsmittel zu entscheiden, verbietet eine Umdeutung.
Tenor
I. Der am 12. Februar 2015 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Antrag der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung der Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III auf die der Pflegestufe II streitig.
Die Klägerin, geboren 1996, ist bei der Beklagten pflegeversichert. Die Beklagte gewährte ihr (Bescheid vom 27.07.1998) ab dem 01.06.1998 Pflegegeld nach der Pflegestufe III aufgrund einer schwersten globalen Entwicklungsstörung nach Frühgeburt (F 84).
Nachuntersuchungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen in Hessen (MDK) in den Jahren 2002 (Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 370 Minuten täglich im Wochendurchschnitt) und 2007 (Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 280 Minuten täglich im Wochendurchschnitt) ergaben trotz Verringerung des Hilfebedarfs das weitere Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe III (Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von mindestens 240 Minuten täglich im Wochendurchschnitt).
Im Auftrag der Beklagten führte der MDK am 20.12.2011 erneut eine Begutachtung der Klägerin im häuslichen Umfeld durch. In dem daraufhin erstellten Gutachten vom 22.12.2011 stellte der MDK einen Hilfebedarf der Klägerin im Bereich der Grundpflege in Höhe von 206 Minuten täglich im Wochendurchschnitt fest.
Die Beklagte kündigte an, sie beabsichtigte die Herabsetzung der Pflegestufe auf die Pflegestufe II und mit Bescheid vom 14.03.2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 27.07.1998 auf und bewilligte der Klägerin ab 01.04.2012 Pflegegeld nach der Pflegestufe II.
Die Mutter der Klägerin erhob für diese dagegen Widerspruch. Zu Fragen der Mutter der Klägerin zur Feststellung des verminderten Hilfebedarfs führte der MDK ergänzend aus, im Gutachten von 11/2007 sei noch angegeben, es seien noch regelmäßig Toilettengänge durchzuführen. Nachts werde eine Windel getragen, da die Klägerin nicht äußere, wenn sie zur Toilette müsse. In 12/2012 werde vorgetragen, dass keine Windel mehr getragen werde und nur noch Hilfen bei den Toilettengängen genötigt werden. Dies verringere den Zeitwert und führe zu einer Reduzierung von 29 Minuten gegenüber dem Vorgutachten. Auch werde keine Schwimmtherapie mehr durchgeführt. Dies reduziere den Zeitwert um weitere 27 Minuten gegenüber dem Vorgutachten aus 11/2007.
Die Beklagte beauftrage den MDK mit einer erneuten Begutachtung der Klägerin im häuslichen Bereich. Dies fand nicht statt, da der Vater der Klägerin den Termin telefonisch absagte.
Die Beklagte wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2013 den Widerspruch der Klägerin zurück. In den tatsächlichen Verhältnissen im Vergleich zum Bewilligungszeitpunkt sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Hilfebedarf bei der Grundpflege erfülle nicht mehr die Voraussetzungen der Pflegestufe Ill, da der Hilfebedarf der Klägerin sich in allen Bereichen der Grundpflege verringert habe. Grund dafür sei eine weitere Gesundheitsstabilisierung. So benötige die Klägerin beispielsweise gegenwärtig lediglich Hilfe bei Toilettengängen. Zum Zeitpunkt der Begutachtung am 27.07.1998 sei sie noch auf ein regelmäßiges Toilettentraining und auf das nächtliche Tragen von Windeln angewiesen gewesen. Auch habe sich der Hilfebedarf für das Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung aktuell reduziert.
Dagegen haben die Eltern der Klägerin am 21.02.2013 für sie Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben mit dem Ziel der Weitergewährung der Leistungen nach der Pflegestufe III mit der Begründung, aufgrund der Einnahme des Medikaments Topamax zur Anfallsprophylaxe sei die Klägerin psychomotorisch verlangsamt. Der Hilfebedarf habe sich in allen Bereichen der Grundpflege erhöht.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung von Arztbriefen des Sozialpädiatrischen Zentrum der Städtischen Kliniken Frankfurt a.M.-Höchst aus den Jahren 2008 bis 2012 und Einholung von Befundberichten von Dr. med. D. vom 03.08.2013 nebst Krankenunterlagen sowie von Dr. med. E. vom 03.09.2013 und Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens von Med. Oberrätin F. vom 14.02.2014. Diese kommt in ihrem Gutachten zu dem Ergebn...