Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. Grundsicherung für Arbeitsuchende. vorläufige Entscheidung. Fingierung der abschließenden Festsetzung vorläufig bewilligter Leistungen ein Jahr nach Ablauf des Bewilligungszeitraums. Klageerweiterung im Berufungsverfahren. Zulässigkeit. Zuständigkeit des LSG für die erweiterte Klage
Leitsatz (amtlich)
1. Auch während eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens wegen einer vorläufigen Entscheidung kommt es ggf zu deren fiktiver Wandlung in eine endgültige Festsetzung nach § 41a Abs 5 SGB II; diese wird zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
2. a) Zur rügelosen Einlassung in eine Klageerweiterung in der Berufungsinstanz.
b) Das Landessozialgericht ist für die Entscheidung über eine im Berufungsverfahren zulässig erweiterte Klage instanziell zuständig.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. August 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klage wegen der im Wege der Klageerweiterung im Berufungsverfahren geltend gemachten Begehren des Klägers wird abgewiesen, soweit diese nicht auf Grund des Beschlusses des Senats vom heutigen Tage abgetrennt und an das zuständige Landgericht Darmstadt verwiesen worden sind.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Kosten nicht zu erstatten.
Ill. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten insbesondere um die Höhe der dem Kläger in der Zeit ab April 2016 - der Endzeitpunkt ist streitig - zustehenden laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1991 geborene Kläger, der bis zum Sommer 2015 bei seiner Mutter lebte, bezog - in Bedarfsgemeinschaft mit Mutter und Geschwistern - Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Beklagten. Er nahm ab dem 1. September 2015 eine Ausbildung zum Gerüstbauer bei der Fa. Gerüstbau C., C-Stadt, auf, wobei er - zur Überbrückung der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn - dort bereits seit dem 1. August 2015 arbeitete.
Am 12. August 2015 meldete er sich bei dem Beklagten und teilte mit, er müsse umziehen, weil seine Mutter ihn „rausgeschmissen“ habe. Der Beklagte akzeptierte durch Schreiben vom 28. August 2015 eine Umzugsnotwendigkeit aus sozialen Gründen - nach „Widerspruch“ des Klägers gegen ein vorangegangenes, einen Umzug ablehnendes Schreiben und einem Hausbesuch bei dessen Mutter - und informierte den Kläger über das bei einem Umzug zu beachtende Procedere. Nach Übermittlung einer Bescheinigung über die Mietaufwendungen für eine D-Straße in B-Stadt gelegene Wohnung erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 14. September 2015 seine „Zustimmung zum Umzug“. Wegen der Einzelheiten wird auf BI. 28 f. der vom Beklagten übermittelten elektronischen Leistungsakte Bezug genommen (die Blattzählung bezieht sich dabei auf das zum Verfahren L 6 AS 269/19 als pdf übermittelte Dokument, nicht auf die auf den gescannten Seiten teilweise ersichtlichen Blattzahlen und auch nicht auf die zum hiesigen Verfahren übermittelte Datei, die eine etwas andere Zählung aufweist).
Der Kläger mietete daraufhin die Wohnung, für die monatlich eine Kaltmiete von 250,- Euro und eine Nebenkostenvorauszahlung - einschließlich Heizung - von 100,- Euro anfiel, zum 1. Oktober 2015 an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 29. September 2015 (LA Bl. 62 ff.) sowie die vom Vermieter ausgestellte Mietbescheinigung (LA BI. 50) verwiesen. Wegen der mietvertraglich geschuldeten Kaution und der Erstausstattung der Wohnung war beim Senat das Verfahren zum Aktenzeichen L 6 AS 269/19 anhängig, über das der Senat durch Urteil ebenfalls vom 11. März 2020 entschieden hat.
Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger durch Bescheid vom 1. März 2016 (LA Bl. 89 ff.) Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 74,- Euro für die Zeit von Oktober 2015 bis Juli 2016 und von 124,- Euro für die Zeit von August 2016 bis März 2017 bewilligte hatte, gewährte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 14. März 2016 für die Zeit von Oktober 2015 bis März 2016 einen Unterkunftskostenzuschuss in Höhe von 126,- Euro monatlich auf der Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011, BGBI. I S. 2854, die vom 1. April 2012 bis zu den Änderungen durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 [BGBI. I S. 1824; im Folgenden: Rechtsvereinfachungsgesetz] galt - im Folgenden: alte Fassung - a.F. -). Widerspruch, Klage und Berufung (Hess. LSG, Urteil vom 28. September 2018 - L 9 AS 587/17 -) wegen der Höhe der gewährten Leistungen blieben erfolglos.
Unterdessen hatte der Beklagte auf Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 12. April 2016 mit dem streitigen Bescheid vom 30. Mai 2016 für den F...