Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 10.11.1998; Aktenzeichen S 3 U 1695/96) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. November 1998 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 1. September 1999 abgewiesen.
- Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die zum Tod führende Krebserkrankung des Ehemannes der Klägerin durch berufliche Expositionen gegenüber Asbest und polizyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) verursacht worden ist.
Der Ehemann der Kläger, der Versicherte H… A…, geboren 1933, verstarb am 20. April 1996 infolge eines Bronchialkarzinoms. Der Versicherte absolvierte von 1947 bis 1950 eine Glasbläserlehre im elterlichen Betrieb in T…, nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) 1948 setzte er die Lehre bei der Firma M… in F… und der Firma S… in G… fort. Den Beruf als Glasbläser übte er bis 1960 aus. Ab dem 1. März 1960 absolvierte der Versicherte eine Umschulung zum Dachdecker und war anschließend als Dachdecker bei der Firma B… in R… tätig. Von 1976 bis zu seiner Erkrankung im April 1995 war er als Bauleiter für die Firma B… auf dem Baugelände der Firma O… in R… tätig. Während seiner Glasbläsertätigkeit war er auch mit der Herstellung von Fieberthermometern beschäftigt und einer täglichen Quecksilberdampfexposition ausgesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte während dieser Zeit auch Asbestkontakt hatte, gibt es nicht. In der Zeit von 1960 bis Ende 1965 war der Versicherte ca. 5 Monate pro Jahr mit Flachdacharbeiten beschäftigt. Dabei war Dachpappe mit Heißbitumen zu verkleben. Von 1960 bis 1965 verlegte der Versicherte auch Asbestzementplatten ca. 3 Monate pro Jahr. Während der Hälfte dieser Arbeitszeit führte er mit der Trennschleifmaschine Schneidarbeiten an den Asbestzementplatten durch. Auch bei den Verlegearbeiten bestand ein Asbest-Bystander-Kontakt durch Schneid- und Bohrarbeiten der Arbeitskollegen. Von 1966 bis 1975 war der Versicherte ca. 7 Monate pro Jahr bei Flachdacharbeiten mit Dachpappe und Heißbitumen tätig. Von 1976 bis Ende 1985 wurden solche Arbeiten ca. 6 Monate pro Jahr ausgeübt. Von 1986 bis Ende 1994 erfolgten die Flachdacharbeiten mit Bitumenschweißbahnen ca. 7 Monate pro Jahr. Während dieser Zeit verrichtete der Versicherte ca. 7 Stunden pro Tag diese Arbeiten. Von 1976 bis Ende 1994 verlegte der Versicherte durchschnittlich ca. einen Monat pro Jahr Asbestzementplatten. Auch während dieser Zeit waren Schneidarbeiten mit Trennschleifmaschinen während der Hälfte der betreffenden Arbeitszeit erforderlich. Ab 1991 waren die verlegten Asbestzementwellpappen asbestfrei. Der Versicherte führte jedoch in dieser Zeit überwiegend Reparaturarbeiten an Asbestzementwellplattendächern durch; die zu entfernenden Asbestzementwellplatten waren asbesthaltig.
Unter dem 23. Mai 1995 erstattete der Lungenarzt Dr. E… aus R… eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit (BK) des Versicherten und gab an, dieser sei an einem Bronchialkarzinom bei Asbestbelastung erkrankt. Die Beklagte zog weitere Arztberichte bei. Der Lungenkrebsverdacht wurde danach durch eine am 28. Juni 1995 durchgeführte Thorakotomie mit Oberlappenresektion bestätigt.
Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten errechnete 9,32 Asbestfaserjahre. Der Hessische Landesgewerbearzt verneinte aufgrund dieser Feststellungen eine asbestverursachte Lungenerkrankung des Versicherten.
Die Beklagte lehnte daraufhin durch Bescheid vom 26. September 1995 die Anerkennung einer BK in Form einer Asbeststaublungenerkrankung (Ziffer 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung –BKV–) bzw. eines Lungenkrebses in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (BK nach Ziffer 4104 der Anlage 1 zur BKV) ab.
Der Versicherte erhob hiergegen am 27. Oktober 1995 Widerspruch und machte geltend, die Ermittlungen zur Arbeitsanamnese seien ungenügend gewesen. Er sei nicht nur mit Asbest, sondern auch mit anderen krebserzeugenden Substanzen, u. a. auch mit Heißbitumen, über lange Jahre in Kontakt gekommen.
Die Beklagte ließ durch ihren TAD eine Neuberechnung der Asbestfaserjahre durchführen und stellte eine Gesamtsumme von 14,6 Faserjahren fest.
Nach dem Tod des Versicherten erfolgte am 23. April 1996 eine Sektion. Am 19. Juli 1996 erstattete Prof. Dr. M…, Direktor des Pathologischen Instituts des Klinikums D…, ein pathologisches Zusammenhangsgutachten unter Berücksichtigung eines histologischen und staubanalytischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr. Mx…, Berufsgenossenschaftliche Krankenanstalten B… in B…, vom 8. Juli 1996. Die Gutachter gelangten zu dem Ergebnis, es seien keine asbestassoziierten Lungen- und Pleuraveränderungen und keine Minimalasbestose feststellbar. Mittels Lungenstaubanalyse wurden nur 4 bzw. weniger als 10 Asbestkörper pro cm(3) Lungengewebe nachgewiesen. Histologisch zeigte sich das typische...