Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.04.1998; Aktenzeichen S 8 U 4949/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, DM 182.648,82 an die Klägerin zu erstatten.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Aufwendungen für Hinterbliebenenleistungen.
Die Eheleute K. J. und K. Z., geborene S., errichteten 1985 ein Eigen heim mit Doppelgarage als Anbau an ein bestehendes Wohnhaus der Familie S.. Der Vater der Ehefrau, P. S. stürzte am 29. November 1985 bei Arbeiten im Rohbau durch die Speicherdecke auf einen Betonfußboden, zog sich einen Schädelbasisbruch zu und verstarb daran. Die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises in Montabaur erkannte das Bauvorhaben mit Bescheid vom 6. Dezember 1985 als steuerbegünstigtes Eigenheim im Sinne des 2. Wohnungsbaugesetzes (WobauG) an.
Nachdem die Klägerin im Frühjahr 1985 von der zuständigen Baubehörde über das Vorhaben informiert worden war, trat sie mit den Bauherren in Kontakt und erhielt am 18. Oktober 1985 deren Eigenbaunachweis für die Zeit bis 30. September 1985. Mit Bescheid vom 8. November 1985 stellte die Klägerin die aufgrund der Lohnnachweise von April bis September 1985 angefallenen Beiträge fest. Da die Bauherren angegeben hatten, noch einen Anerkennungsbescheid nach dem 2. WobauG erwirken zu wollen, erging der Bescheid unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Die Bauherren zeigten der Beklagten das Unfallereignis am 17. Dezember 1985 schriftlich an. Mit der Klägerin hatten sie offenbar am Vortage deswegen telefoniert. Mit Schreiben des Bauherrn vom 24. Dezember 1985 und weiterem Schreiben der Beklagten vom 2. Januar 1986 erhielt die Klägerin schriftlich Kenntnis vom Unfall des P. S.. Die Beteiligten korrespondierten miteinander und konnten sich über ihre Zuständigkeit für die Entschädigung des Unfalles nicht einigen, da die Beklagte als nach § 539 Abs. 1 Ziffer 15 Reichsversicherungsordnung (RVO) an sich zuständiger Unfallversicherungsträger die Auffassung vertrat, durch den Beitragsbescheid der Klägerin vom 8. November 1985 und den Arbeitsunfall vom 29. November 1985 sei ein formales Versicherungsverhältnis gegenüber der Klägerin entstanden, das deren Zuständigkeit auf Dauer begründe. Mit Schreiben vom 25. Februar 1986 empfahl sie der Klägerin im Interesse der Hinterbliebenen „als erstangegan gener Unfallversicherungsträger Leistungen vorläufig zu erbringen und Ihren Anspruch gegenüber uns im Klagewege geltend zu machen”.
Die Klägerin gewährte der Witwe des Verstorbenen, H. S. mit formlosem Bescheid vom 21. März 1986 einen Vorschuß in Höhe von DM 5.000,00 und übersandte der Beklagten eine Durchschrift des Schreibens mit der Bemerkung, die Leistungen würden gemäß § 1735 RVO gewährt und Feststellungsklage erhoben. Dies geschah sodann mit Klageschrift vom 27. März 1986 vor dem Sozialgericht Koblenz, welches den Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) verwies. Das SG setzte das Verfahren 1989 aus bis zur Entscheidung zweier gleichgelagerter Rechtsstreite durch den erkennenden Senat. Nach Vorliegen der Senatsentscheidungen rief die Klägerin das Verfahren 1991 wieder auf und die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1991, daß sie zuständiger Unfallversicherungsträger für den Unfall des P. S. vom 29. November 1985 sei. Der Rechtsstreit, Az.: S-8/U – 1584/87, wurde beendet, indem die Klägerin das Anerkenntnis der Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Januar 1992 annahm. Mit Bescheid vom 25. April 1986 hatte die Klägerin gegenüber der Witwe ab 29. November 1985 Witwenrente, Überbrückungshilfe und Sterbegeld als vorläufige Leistung gezahlt und den Vorschuß in Anrechnung gebracht. Die Durchschrift dieses Bescheides hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Juni 1988 an die Beklagte im Klageverfahren übersandt (Eingang bei der Beklagten am 4. Juli 1988).
Mit Schreiben vom 27. Februar 1995 – bei der Beklagten am 2. März 1995 eingegangen – übersandte die Klägerin ihre Restakte an die Beklagte und teilte mit, die Original-Unfallakte sei offenbar auf dem Postwege verloren gegangen. Sie forderte die Beklagte auf, die ihr bisher entstandenen Aufwendungen für Hinterbliebenenleistungen in Höhe von DM 211.503,40 zu erstatten und ab 1. Juni 1995 die Weiterzahlung der Witwenrente zu übernehmen. Mit Schreiben vom 28. Juni 1995 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Ausschlußfrist des § 111 Sozialgesetzbuch – 10. Teil (SGB 10) eine Erstattung ab, soweit die Leistungen nicht im Jahr vor der Anmeldung erbracht seien und bat, das Erstattungsbegehren zu berichtigen. Sie gewährt ab 1. Juni 1995 Witwenrente (Bescheid vom 23. Mai 1995).
Die Klägerin erhob am 22. Dezember 1995 Leistungsklage vor dem SG und ging davon aus, daß sie ihren Erstattungsanspruch im Sinne des § 111 SGB 10 bereits angemeldet habe, indem sie das Schreiben vom 21. März ...