Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungszeiten in der Tschechoslowakei ab Mai 1945, Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ab 13.3.1938, Erwerb der österreichischen Staatsangehörigkeit ab 27.4.1945, keine Vertriebene, keine frühere Deutsche
Leitsatz (amtlich)
1. Versicherungszeiten der Klägerin in der Tschechoslowakei ab Mai 1945 sind von dem deutschen Rentenversicherungsträger nach §§ 1, 17 FRG nicht zu berücksichtigen, wenn die Klägerin gebürtige Österreicherin ist, als solche in der Tschechoslowakei ab 13.3.1938 durch die Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit im Lande Österreich vom 3. Juli 1938 zwangsweise die deutsche Staatsangehörigkeit erhielt unter Wegfall der österreichischen und diese durch die Wiederherstellung der Republik Österreich am 27.4.1945 automatisch wieder erwarb (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.1974, VIII C 75, 73 in DÖV 1975, S 533). Die Klägerin ist weder Vertriebene i.S. § 1 BVFG noch frühere Deutsche i.S. Art. 116 Abs. 1 GG.
2. Die Tatsache, daß der österreichische Versicherungsträger die Zeiten ab Mai 1945 nicht in seine Versicherungslast aufgenommen hat, weil die Klägerin zu bestimmten Stichtagen nicht in Österreich, sondern in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt hat, verpflichtet den deutschen Rentenversicherungsträger nicht zur Anrechnung dieser Zeiten nach dem deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommen vom 22.12.1966.
Normenkette
FRG §§ 1, 17 Abs. 1; BVFG §§ 1, 6; GG Art. 116 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 13.01.1983; Aktenzeichen S-6/An-196/80) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Januar 1983 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um die Anerkennung von Beiragszeiten für die Zelt vom 1. Mai 1945 bis 31. März 1946 sowie von davorliegenden Ersatzzeiten.
Die Klägerin ist am … 1925 in … als österreichische Staatsangehörige mit dem Namen S. geboren. Nach ihren Angaben legte sie im Februar 1944 in … das Abitur ab, verrichtete vom 2. März 1944 bis 6. Januar 1945 Arbeitsdienst und Kriegshilfsdienst, arbeitete vom 7. Januar 1945 bis zum Zusammenbruch als dienstverpflichtete Sekretärin in der Firma ihres Vaters in … und anschließend von den Tschechen dienstverpflichtet weiter bis zum 30. März 1946. Im April 1946 erfolgte die Vertreibung nach Österreich. Hier arbeitete sie mit Unterbrechung von Juni 1946 bis Mai 1950, wurde von dem Schriftsteller G. von V. adoptiert und arbeitete von Mai 1950 bis November 1966 für ihn als Sekretärin, Fremdsprachenkorrespondentin, Lektorin und Korrektorin. In … lebte sie seit dem 3. Juli 1952.
Am 21. Mai 1974 und am 21. April 1976 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Wiederherstellung von Versicherungsunterlagen. Mit Bescheid vom 1. Dezember 1977 lehnte die Beklagte die Herstellung von Versicherungsunterlagen mit der Begründung ab, für die Zeit vom 7. Januar 1945 bis Kriegsende sei eine Beitragsentrichtung zur Angestelltenversicherung weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden. Es müsse davon ausgegangen werden, daß ein ordentliches Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden habe und die Tätigkeit im Rahmen einer familienhaften Mitarbeit ausgeübt worden sei. Zeiten vom 1. Mai 1945 bis 30. März 1946 in der Tschechoslowakei könnten in der deutschen Rentenversicherung nicht angerechnet werden, da die Klägerin als österreichische Staatsangehörige nicht zum Personenkreis des § 1 Fremdrentengesetz (FRG) gehöre.
Hiergegen hat die Klägerin am 30. Dezember 1977 Widerspruch eingelegt und u.a. damit begründet, daß sie schon vor Jahren mit zwei eidesstattlichen Erklärungen die Arbeitszeit im väterlichen Betrieb glaubhaft gemacht habe. Sie sei in … dienstverpflichtet gewesen und von dort nach zwei Monaten ihrem Vater zugeteilt worden, der selbst einen Rüstungsbetrieb gehabt habe. Nach Beiziehung einer-Auskunft des Dr. C. H. vom 5. Oktober 1978 durch die Beklagte und Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung durch die Klägerin des H. S. sowie des F. P. anerkannte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 1980 die Zeit vom 7. Januar 1945 bis 30. April 1945 als glaubhaft gemachte Beitragszeit, lehnte eine Anrechnung der in der Tschechoslowakei zurückgelegten weiteren Zeit im väterlichen Betrieb vom 1. Mai 1945 bis 31. März 1946 jedoch wiederum ab, da sie als österreichische Staatsangehörige nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehöre.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Dezember 1980 Klage erhoben und u.a. vorgetragen, nach den Ausführungen der Pensionsversicherungsanstalt Wien sei eine Feststellung nach dem dortigen Auslandsrenten-Übernahmegesetz nur möglich, wenn sie an einem der Stichtage 11. Juli 1953, 1. Januar 1961 oder 27. November 1961 die österreichische Staatsbürgerschaft besessen und nicht nur vorübergehend in Österreich gewesen wäre. Sie habe jedoc...