Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 18.03.1996; Aktenzeichen S-11/J-623/94) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. März 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfange zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 9. Mai 1944 in der Türkei geborene Kläger hat keine Ausbildung absolviert. Zwischen 1969 und 1990 war er als Arbeiter an der Stanze, in der Bauelementeinstallation, an der Reifenpresse und an der Fräsmaschine sowie zuletzt als Platin … beschäftigt. Er wurde nach der Lohngruppe 6 des Lohntarifvertrages der Hessischen Eisen-, Metall- und Elektroindustrie entlohnt, wobei laut Auskunft dieses Arbeitgebers vom 4. April 1997 diese Eingruppierung wegen der besonderen umweltbedingten Erschwernisse bei den Arbeitsbedingungen erfolgte. Die von der Ausbildung und den Anforderungen her korrekte Lohngruppe sei die 3.
Am 26. Oktober 1990 erkrankte er arbeitsunfähig, bezog zunächst Krankengeld, dann Arbeitslosengeld und war erneut arbeitsunfähig. Am 5. September 1991 beantragte er die Gewährung von Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Durch Bescheid vom 8. Oktober 1993 lehnte die Beklagte dies ab. Zuvor waren diverse Arztbriefe und vertrauensärztliche Gutachten zu den Akten gelangt und die Beklagte hatte einen Befundbericht bei Dr. … (Allgemeinmediziner, Büdingen) vom 13. September 1991 eingeholt. In einem ebenfalls in der Verwaltungsakte befindlichen Heilverfahrensentlassungsbericht der Kliniken … Bad …, nach der Absolvierung eines Heilverfahrens vom 8. Oktober 1991 bis 5. November 1991, wird ausgeführt, daß dem Kläger nach Beendigung des Heilverfahrens die Fortsetzung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit zumutbar sei. Dr. … gelangte in einem ärztlichen Gutachten vom 14. Mai 1993, das er im Auftrag der Beklagten erstellte, zu dem Ergebnis, daß der Kläger nicht mehr leistungsfähig sei. In einem ausführlichen ärztlichen Bericht des Dr. … vom 21. Mai 1993 heißt es, daß der Kläger noch leichte Tätigkeiten unter zweistündig verrichten könne. Die Beklagte holte daraufhin ein nervenärztliches Gutachten bei dem Neurologen und Psychiater … vom 14. September 1993 ein. Dieser erachtete den Kläger noch für in der Lage, vollschichtig leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen zu verrichten. Hierzu nahm Dr. … für die Beklagte am 16. September 1993 Stellung. Den Widerspruch des Klägers vom 20. Oktober 1993 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 1994 zurück.
Nach der Klageerhebung vom 24. Januar 1994 beim Sozialgericht Frankfurt am Main hat dieses den Rechtsstreit durch Beschluß am 25. März 1994 an das örtlich zuständige Sozialgericht Gießen verwiesen. Dieses hat Befundberichte bei Dr. … vom 19. Mai 1994 und Dr. … (Orthopäde, …) vom 15. August 1994, dem diverse medizinische Unterlagen beigefügt waren, eingeholt. Des weiteren ist ein Arztbrief der Universitätsklinik … (Orthopädie) vom 20. Juli 1994 zu den Akten gelangt und das Sozialgericht Gießen hat ein medizinisches Sachverständigengutachten auf orthopädischem Fachgebiet bei Dr. … (… Bad Nauheim) vom 5. Mai 1995 eingeholt. Hierin wird ausgeführt, daß sich Leistungseinschränkungen beim Kläger aus den Schmerzen in Nacken, Armen, Wirbelsäule, Knien und Fingern sowie der gesamten Muskulatur ergäben. Der Kläger könne jedoch noch leichte, keine schweren und keine mittelschweren körperlichen Arbeiten vollschichtig ohne Extrapausenregelung und ohne Sonderbedingungen am Arbeitsplatz verrichten. Die Arbeiten sollten allerdings in wechselnder Körperhaltung, vorwiegend im Sitzen, ohne Zwangshaltung, nur gelegentlich mit Arbeiten über Kopfhöhe, nur gelegentlich im Bücken, nicht verbunden mit Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Gegenständen und nicht unter Einwirkung von erheblicher Kälte, Nässe und Zugluft zu verrichten sein. Auszuschließen seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten unter Streßbelastung, Schichtarbeiten und Akkordarbeiten sowie solche, die lang andauernde Haltearbeiten durch die Hände erforderten. Eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern je Wegeinheit sei aus orthopädischer Sicht zumutbar. Zugleich hat Dr. … eine Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet für erforderlich gehalten. Das Sozialgericht Gießen hat alsdann bei dem Psychiater Dr. … (Psychiatrisches Krankenhaus …) ein Sachverständigengutachten vom 12. September 1995 eingeholt. Dieser hat beim Kläger eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Des weiteren hat er die Diagnose der Dysthymia erwogen und ist von einem chronischen Erschöpfungssyndrom beim Kläger ausgegangen. Insgesamt vertritt er die Auffassung, daß der Kläger noch in der Lage ist, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Hinsichtlich der an den Arbeitsplatz zu stellenden Anforderungen bezüglich der Arbeitsbedingungen kommt er im wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis wie Dr. …. Zusät...