Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des freiwillig Krankenversicherten an seine Beitrittserklärung zur gesetzlichen Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Versicherungspflichtig im Rahmen der KVdR sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB 5 Personen, die den Anspruch auf eine gesetzliche Rente erfüllen, diese Rente beantragt haben und die seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens zu 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung oder nach § 10 SGB 5 versichert gewesen sind.
2. Erfüllt der Betroffene nicht diese Voraussetzungen, so ist er nach § 175 Abs. 4 S. 1 SGB 5 an seine Beitrittserklärung als freiwilliges Mitglied der Krankenversicherung 18 Monate gebunden. Eine Kündigung wird erst dann wirksam, wenn er innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nachweist.
3. Die rückwirkende Beseitigung der Wirksamkeit einer Beitrittserklärung ist ausgeschlossen.
4. Das freiwillige Mitglied der Krankenversicherung hat nach § 250 Abs. 2 SGB 5 die Beiträge selbst zu zahlen und an die Krankenkasse abzuführen. Auch im Fall einer erteilten Abbuchungsermächtigung bleibt der freiwillig Versicherte Beitragsschuldner und ist für den Eingang der entsprechenden Zahlungen bei der Krankenkasse verantwortlich.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 10. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Beitragsbescheide für die Monate Februar bis einschließlich Mai 2015.
Der 1948 geborene Kläger ist Jurist und war bis 1998 als Rechtsanwalt tätig. Er nahm eine Erwerbstätigkeit erstmals 1962 auf. Von 1986 bis 14. September 1998 bestand eine private Krankenversicherung. In den Zeiträumen vom 15. September 1998 bis 31. Dezember 2009, 11. Januar 2010 bis 21. Januar 2010, 7. Februar 2010 bis 31. Januar 2011 und vom 3. März 2011 bis 27. Januar 2012 war der Kläger gesetzlich krankenversichert, zuletzt aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld.
Der Kläger bezog bis November 2013 eine Berufsunfähigkeitsrente des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen, die sich mit Erreichen der Altersgrenze ab Dezember 2013 in eine entsprechende Altersversorgung umwandelte. Während der Dauer der bestehenden Pflichtversicherung bis 27. Januar 2012 führte das Versorgungswerk die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge direkt an die Beklagte ab.
Bereits am 12. Dezember 2011 beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Gewährung einer Altersrente, die ihm mit Bescheid vom 29. Februar 2012 rückwirkend zum 1. Februar 2012 bewilligt wurde.
Der Kläger erklärte am 28. Januar 2012 gegenüber der BKK Dürkopp-Adler den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung, da seine Pflichtversicherung aufgrund des Bezugs von ALG II zum 27. Januar 2012 endete. Der Kläger war sodann ab 28. Januar 2012 bei der BKK Dürkopp-Adler freiwillig versichert. Die Mitgliedschaft bei dieser Kasse endete aufgrund Kündigung des Klägers vom 4. Juli 2012 zum 30. September 2012. Der Kläger zahlte in dieser Zeit keine Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die BKK Dürkopp-Adler lehnte es mit Bescheid der Beklagten vom 18. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 ab, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge direkt beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen einzuziehen. Klage (Sozialgericht Gießen S 9 KR 278/14) und Berufung (L 1 KR 31/15) blieben erfolglos; das Bundessozialgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 25. Februar 2016 zurück (B 12 KR 120/15 B).
Nachdem der Kläger seit dem Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft am 28. Januar 2012 keine Beiträge an die Krankenkasse abführte, stellte die BKK Dürkopp-Adler mit Bescheid vom 10. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 das Ruhen der Leistungsansprüche der Beiträge mit Wirkung ab 17. Mai 2012 fest. Klage (Sozialgericht Gießen S 9 KR 277/14) und Berufung (L 1 KR 34/15) blieben erfolglos; das Bundessozialgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 25. Februar 2016 zurück (B 12 KR 2/16 B).
Der Kläger war in der Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 30. Juni 2014 Mitglied der Techniker Krankenkasse. Der Kläger zahlte in dieser Zeit keine Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Die Fragen der Einstufung als freiwilliges Mitglied sowie die Beitragsfestsetzung sind ebenfalls Gegenstand zahlreicher noch anhängiger bzw. erledigter Streitverfahren. Die Techniker Krankenkasse stellte mit Bescheiden vom 18. und 24. Oktober 2012 sowie den Ergänzungsbescheid vom 6. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2013 das Bestehen einer freiwilligen Mitglieds...