Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit eines Arztes für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE). Durchführung von Erstuntersuchungen und Beurteilung von Erstuntersuchungsbefunden. Vereinbarung. Auftragsverhältnis. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Orientierungssatz
Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als Arzt für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE), der dort Aufgaben im Bereich der Durchführung von Erstuntersuchungen bzw der Beurteilung von Erstuntersuchungsbefunden übernommen hat (hier: abhängige Beschäftigung).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 2. September 2021 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses hinsichtlich der für den Kläger erbrachten Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 als Arzt.
Der 1988 geborene Beigeladene zu 1 war in der Zeit vom 29.01.2016 bis 15.07.2016 für die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (HEAE) als Arzt auf der Grundlage zweier, jeweils als „Vereinbarung“ überschriebener Verträge tätig. Er übernahm Aufgaben im Bereich der Durchführung von Erstuntersuchungen bzw. der Beurteilung von Erstuntersuchungsbefunden.
Mit Vertrag vom 29.01.2016 wurde geregelt:
„§ 1 Vertragsgegenstand und Status des Vertragspartners
(1) Der/Die Vertragspartner/in übernimmt die Aufgabe der Beurteilung von Erstuntersuchungen und von Röntgenbefunden des Thorax.
(2) Er ist nicht in die Arbeitsorganisation der HEAE eingegliedert.
(3) Die Dienstleistungen unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung).
(4) Die nachfolgende Vereinbarung regelt für den Fall eines Einsatzes die Rahmenbedingungen.
§ 2 Nachweise über die Zulassung zur Berufsausübung
Der/Die Vertragspartner/in legt als Nachweis über die Zulassung zur Berufsausübung eine Kopie der Approbationsurkunde vor.
§ 3 Leistungen der HEAE
Die HEAE stellt zur Durchführung der Befundungen folgendes zur Verfügung: Eine namentliche Liste der Personen, deren Röntgenaufnahmen befundet werden sollen sowie die entsprechenden Röntgenbilder.
§ 4 Befundungsort und Zeiten
Die Befundungen finden in der HEAE/in C-Stadt statt. Die Zeiten werden einvernehmlich zwischen der HEAE und dem Vertragspartner abgestimmt.
§ 5 Entgelt
Für die Leistung wird folgendes Entgelt erbracht: Stundensatz i.H.v. 50 €. Die Abrechnung erfolgt monatlich.
§ 6 Haftung
Der Vertragspartner/in haftet für Schäden, die durch ihr/sein vorsätzliches Verhalten der HEAE oder Dritten entstanden sind. Die HEAE stellt den/die Vertragspartner/in für fahrlässig verursachte Schäden frei, soweit diese nicht durch ein privates Versicherungsverhältnis abgedeckt sind. § 7 Datenschutz und Schweigepflicht. Der/Die Vertragspartner/in verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit für die HEAE zur Kenntnis kommen, Stillschweigen zu bewahren. Insbesondere ist er/sie nicht berechtigt, Auskünfte an die Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung des Dienststellenleiters der HEAE zu erteilen. Weiterhin sichert er/sie einen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Datenschutz für die bei sich oder Dritten in seinem Auftrag gespeicherten Daten zu.
§ 8 Vertragsdauer, Nebenabreden, Salvatorische Klausel
(1) Da die Einsätze zeitlich befristet erfolgen und diese Vereinbarung nur die gegenseitigen Verpflichtungen während der Einsatzzeiten regeln, bedarf es bei Nichtinanspruchnahme des/der Vertragspartners/in durch die HEAE keiner Kündigung.
(2) Nebenabreden sowie Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
(3) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder unzulässig sein, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht beeinträchtigt. Anstelle der unwirksamen oder unzulässigen Bestimmung gelten die gesetzlichen Vorschriften.“
Mit Vertrag vom 14.02.2016 wurde geregelt:
„§ 1 Vertragsgegenstand und Status des Vertragspartners
(1) Der Vertragspartner erbringt medizinische Dienstleistungen im Auftrag der HEAE im C-Straße, C-Stadt und in der Außenstelle D-Straße, C-Stadt in freiberuflicher Tätigkeit im Bedarfsfalle. Er ist nicht in die Arbeitsorganisation der HEAE eingegliedert. Die Dienstleistungen unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Arbeitslosen-, Kranken-und Rentenversicherung).
(2) Die nachfolgende Vereinbarung regelt für den Fall eines Einsatzes die Rahmenbedingungen.
(3) Der Vertragspartner legt als Nachweis über die Zulassung zur Berufsausübung eine Kopie der...