Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung zur Frage des Schadensausgleichs für Witwen
Leitsatz (amtlich)
1) Bei einem Buchhalter kann das Lebensalter entsprechend dem Anhang zu § 22 FRG erst berücksichtigt werden, wenn die im Rundschreiben des Bundesarbeitsministers vom 25. Oktober 1960 festgelegten Tätigkeitsmerkmale die begehrte Einstufung rechtfertigen.
2) Stellt der behauptete mutmaßliche weitere Aufstieg eines gefallenen Buchhalters bis in die Leistungsgruppe II eine Ausnahmelaufbahn dar, dann sind konkrete Hinweise dafür in genügender Zahl und Anhaltspunkte besonderer Art darzulegen. Anderenfalls verbleibt es bei der Regeleinstufung.
Normenkette
BVG § 40a; DVO § 3; FRG § 22
Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 08.02.1971) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 8. Februar 1971 wird zurückgewiesen. Ihre Klage gegen die Bescheide vom 16., 19. und 20. Juli 1971 wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Witwe des … 1915 geborenen und … 1943 gefallenen H. M. Sie erhält Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Neben weiterem Einkommen aus Haus- und Grundbesitz bezieht sie Hinterbliebenenrente aus der Sozialversicherung ihres Ehemannes seitens der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA).
Am 4. März 1964 beantragte sie beim Versorgungsamt Darmstadt Schadensausgleich. Zum beruflichen Werdegang ihres Ehemannes gab sie unter Überreichung von Bescheinigungen an, er habe nach dem Besuch der Volksschule in einer kaufmännischen Lehre gestanden, abschließend u.a. als Versicherungsagent und ab 1938 bis zum Kriege als kaufmännischer Angestellter bei der Firma M. in O. gearbeitet. Als solcher wäre er weiter tätig geworden. Nach einer schriftlichen Auskunft dieser früheren Arbeitgeberin vom 29. April 1966 war er im März 1939 bei ihr als Lagerbuchhalter eingetreten und mit einer Unterbrechung bis zu seiner 2. Einberufung im Juni 1942 in der Materialverwaltung beschäftigt. Dort hatte er ein Ersatzteillager unter sich gehabt. Die Firma M. bescheinigte ihm eine ziemlich selbständige Stellung. Da er gute buchhalterische Vorkenntnisse mit Fleiß und Arbeitsfreude verbunden habe, sei es ihm bald gelungen, sich eine verantwortliche Position zu schaffen. Auf Kosten des Werkes sei er im Oktober 1941 zu einem Speziallehrgang geschickt worden. Sein Posten wäre entwicklungsfähig gewesen und hätte gute Aufstiegsmöglichkeiten geboten.
Mit Bescheid vom 15. Juli 1966 setzte das Versorgungsamt den Schadensausgleich auf der Grundlage des Durchschnittseinkommens eines kaufmännischen Angestellten der Leistungsgruppe III in der Investitionsgüterindustrie (Maschinenbau) fest. Ein auszahlbarer Betrag ergab sich bei Anrechnung des Einkommens der Klägerin nicht.
Im Widerspruchsverfahren begehrte sie mit einer Bescheinigung des ehemaligen ersten Direktors des M.-Werkes in O. vom 31. August 1966, die Eingruppierung ihres Ehemannes in die Leistungsgruppe II der Angestellten vorzunehmen, worauf das Versorgungsamt weitere Ermittlungen in Form der Beiziehung der Rentenakten von der BfA durchführte und den Neufeststellungsbescheid vom 5. Mai 1967 erließ. Damit gewährte es der Klägerin nach Erhöhung der statistischen Durchschnittseinkommen ab 1. Oktober 1966 Schadensausgleich auf der Grundlage der Einstufung aus dem Bescheid vom 15. Juli 1966.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 1968 wurde dieser Bescheid bestätigt, da die Berechnung des Einkommens im Hinblick auf die schulische und berufliche Ausbildung des Ehemannes der Klägerin zutreffend sei. Auch unter Würdigung der Bescheinigung des ehemaligen M.-Direktors bestehe keine andere Möglichkeit, weil die Tätigkeitsmerkmale eines qualifizierten Buchhalters denen der Leistungsgruppe III entsprächen.
Durch Neufeststellungsbescheide vom 5. September 1968, 16., 19. und 20. Juli 1971 erfolgte die endgültige Feststellung der Versorgungsbezüge für die Jahre 1967 bis einschließlich 1970, wobei für die Berechnung des Schadensausgleichs wiederum von dem Durchschnittseinkommen eines kaufmännischen Angestellten der Leistungsruppe III im einschlägigen Wirtschaftsbereich ausgegangen wurde.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt hat die Klägerin sich auf den Anhang zu § 22 des Fremdrentengesetzes (FRG) berufen, wonach Buchhalter im Alter von 45 Jahren in die Leistungsgruppe II einzustufen seien. Auch im Hinblick auf die Qualifikation ihres Ehemannes sei diese Gruppe angemessen. Der Beklagte habe seinen mutmaßlichen weiteren beruflichen Aufstieg nicht berücksichtigt. Sie habe festgestellt, daß das ihrem Ehemann unterstellt gewesene Ersatzteillager „Batterien und Zubehör” besonders bedeutend gewesen sei und dort ca. 20 Leute gearbeitet hätten. Schließlich dürfe nicht nur auf einen mutmaßlichen Berufsweg bei der Firma M. abgestellt werden. Ebensogut hätte ihr Ehemann nach dem Kriege auch in die Firma A. O. AG in R. eintreten können, so daß als Wirtschaftsbereich der Straßenfahrzeugbau m...