Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Weiterzahlung von Verletztenrente. MdE-Bestimmung. Funktionsverlust. MdE-Erhöhung. nachweisbare objektivierbare Besonderheiten. ausgeheilter Fußgelenksbruch. beginnende Arthrose, sonstige Knorpelschäden, Schmerzen. sozialgerichtliches Verfahren. zulässiger Beweisantrag. Fragerecht der Beteiligten an den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung

 

Orientierungssatz

1. Maßgeblich für die MdE-Bemessung ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern der Funktionsverlust.

2. Eine Erhöhung der MdE wegen Schmerzen ist nur bei nachweisbaren objektivierbaren Besonderheiten angezeigt. Schmerzen, die üblicherweise mit den Schäden verbunden sind oder weitere subjektive Beschwerden, sind bereits in den MdE-Erfahrungswerten enthalten.

3. Ein zulässiger Beweisantrag setzt eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels voraus; dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest das hypothetische Beweisergebnis anzugeben.

4. Zum Fragerecht der Beteiligten an den Sachverständigen gem §§ 116, 118 Abs 1 SGG iVm §§ 397 Abs 2, 402, 411 Abs 3 ZPO.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.09.2019; Aktenzeichen B 2 U 20/18 BH)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 16. Juli 2015 aufgehoben, soweit es die Beklagte zur Zahlung einer Rente über den 31. Oktober 2009 hinaus verurteilt, und die Klage insoweit abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Weiterbewilligung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls.

Der 1968 geborene Kläger war bei der C. A-Stadt als Gartenarbeiter beschäftigt. Am 26. September 2007 begab er sich nach Ende seiner Arbeitszeit (16:00 Uhr) von seiner Arbeitsstelle, einem städtischen Friedhof, auf den Heimweg zu seiner Wohnung in der A-Straße in A-Stadt. Gegen 16:40 Uhr rutschte er in der D-Straße aus und knickte mit dem rechten Fuß um. Anschließend setzte er seinen Nachhauseweg fort. Am nächsten Tag suchte er seine Hausärztin E. auf, die ihn an den Durchgangsarzt F. verwies. Dieser befundete bei dem Kläger eine Hämatomschwellung über dem Malleolus „lkateralis“ (richtig wohl: lateralis) rechts und stellte fest, dass der Bandapparat eine klinisch stabile Durchblutung aufweise und Sensibilität und Motorik intakt seien. Aus der angefertigten Röntgenaufnahme ergab sich ausweislich des Durchgangsarztberichts (vom 28. September 2007) keine frische knöcherne Verletzung. Als Erstdiagnose gab der Durchgangsarzt F. eine Verstauchung und Zerrung des oberen Sprunggelenks an. Am 19. Oktober 2007 suchte der Kläger den Durchgangsarzt Dr. G. auf, der in seinem Bericht vom selben Tag eine noch deutliche Weichteilschwellung am Außenknöchel und Außenband rechts mit Supinationsschmerz und Druckschmerz bei freier Achillessehne feststellte. Nach dem Röntgenergebnis bestehe kein sicherer Anhalt für eine frische Knochenverletzung. Als Diagnose gab Dr. G. eine Verstauchung des rechten Sprunggelenks an. In seinem Nachschaubericht vom 26. Oktober 2007 stellte Dr. G. eine noch geringe Weichteilschwellung am Außenknöchel und am Außenband rechts fest. Am 13. November 2007 erfolgte eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Sprunggelenks des Klägers. In seinem Bericht vom 14. November 2007 befundete der Radiologe Dr. H. eine geringe intraartikuläre Flüssigkeitsvermehrung, ein Knochenmarködem an der lateralen Talusrolle bei kleinem osteochondralen Flake und ausgeprägtem Ödem der vorderen Syndesmose mit dringendem Verdacht auf weitgehende Ruptur, eine Signalanhebung der Außenbänder ohne Diskontinuität, eine geringe Valgusfehlstellung des Rückfußes, eine geringe Flüssigkeitsvermehrung der Sehnenscheiden der Fußbeuger bei intaktem Strecker und intakter Achillessehne. Als Beurteilung gab er einen osteochondralen Flake der lateralen Talusrolle bei Distorsionstrauma mit begleitender Ruptur der vorderen Syndesmose sowie eine Verletzung mit Überdehnung der Außenbänder ohne Diskontinuität an.

Am 12. Februar 2008 stellte sich der Kläger wegen persistierender Beschwerden im rechten oberen Sprunggelenk bei dem Durchgangsarzt Prof. Dr. J. vor. Auf dessen Anregung wurde am 18. Februar 2008 eine Arthroskopie des oberen Sprunggelenks in der Klinik für Unfall-, Hand- und Orthopädische Chirurgie, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden, durchgeführt. In dem Zwischenbericht vom 20. Februar 2008 diagnostizierten der Direktor der Klinik Prof. Dr. J., die Oberärztin Dr. L. und der Facharzt Dr. K. eine Osteochondrosis dissecans an der dorsolateralen Talusschulter sowie Angstzustände. An der dorsolateralen Talusschulter habe sich eine ca. 5 mm messende Knorpelabhebung ergeben, welche einer Flake fracture oder einer Osteochondrosis dissecans entspreche. Zum Procedere führten sie aus, dass eine operative Therapie des Befundes nur durch eine größere O...

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