Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Hinterbliebenenleistungen. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4103, 4104 oder 4114. Wie-Berufskrankheit. berufliche Asbesteinwirkung. Mindestdosis. Nichtvorliegen neuer Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Synkanzerogenese. Bronchialkarzinom. Streitgegenstand. Rechtskraftwirkung eines Urteils gegenüber den Beteiligten
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen eines Anspruches auf Hinterbliebenenleistungen nach § 63 SGB 7 ist einheitlich zu prüfen, ob ein Versicherungsfall aufgrund eines Arbeitsunfalls, einer Listen-BK oder Wie-BK besteht.
2. War der Hinterbliebene als Rechtsnachfolger an einem Gerichtsverfahren bezüglich einer Listen-BK beteiligt, entfaltet diese Entscheidung Rechtskraft für die Prüfung des Anspruches auf Hinterbliebenenleistungen.
3. Es existieren keine neuen medizinischen Erkenntnisse, dass bei Nichtvorliegen der BK Nr 4104 (juris: BKV Anl 1 Nr 4104) durch Unterschreiten der Asbeststaubfaserdosis von mindestens 25 Faserjahren eine Wie-BK nach § 9 Abs 2 SGB 7 anzunehmen ist.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung einer Bronchialkrebserkrankung als Berufskrankheit (BK) streitig. Die Klägerin begehrt Hinterbliebenenleistungen aus Anlass einer BK ihres verstorbenen Ehemannes.
Die Klägerin ist die Witwe des 1943 geborenen und 2004 verstorbenen B. A., der als Beschäftigter bei der Beklagten versichert war (im Folgenden: Versicherter). Dessen behandelnder Arzt erstattete im März 2003 eine ärztliche Anzeige über den Verdacht einer BK. Daraufhin leitete die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein entsprechendes Verwaltungsverfahren ein. Der Versicherte hatte bei der Firma C. in C-Stadt in der Eifel von 1961 bis Ende 1963 eine Lehre als Elektriker absolviert und war danach bis 16. März 1968 weiter als Elektrikergeselle beschäftigt, unterbrochen durch eine 18monatige Wehrdienstzeit. Im Anschluss war er von Mai 1968 bis November 1968 als Elektriker und von Dezember 1968 bis September 1970 als technischer Zeichner bei der D. tätig. Danach war er bis 1973 bei der Firma E. beschäftigt, wo er als Servicetechniker Kopiergeräte wartete. Im Anschluss nahm er ein Lehrerstudium auf und war nach dem Studium als Hauptschullehrer tätig. Im Februar 2003 wurde bei dem Versicherten ein Bronchialkarzinom nachgewiesen. Der Internist und Pneumologe Dr. F. führte in einem Befundbericht vom 24. Februar 2003 aus, dass der Versicherte bis vor viereinhalb Monaten im Umfang von 90 bis 100 Packungsjahren geraucht habe.
Mit an den Versicherten gerichteten Bescheid vom 4. Januar 2003 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Feststellung einer BK nach Nr. 4104 der Berufskrankheitenliste ab. Zur Begründung führte sie aus, der Versicherte habe keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Er sei zwar während seiner Berufstätigkeit gegenüber asbesthaltigen Feinstäuben exponiert gewesen, nach den Berechnungen des technischen Aufsichtsdienstes habe jedoch lediglich der Nachweis von 12,3 Faserjahren (anstelle der erforderlichen 25) erbracht werden können. Auch ließen die medizinischen Befunde weder eine Asbestose noch eine durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura erkennen. Hiergegen erhob der Versicherte Widerspruch. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten führte weitere arbeitstechnische Ermittlungen durch und holte ein fachärztliches Gutachten bei Professor Dr. G. aus Gießen ein. Dieser führte aus, röntgenologisch und computertomographisch lägen keine Hinweise für eine Lungen- und/oder Pleuraasbestose vor. Eine BK nach Nr. 4104 der Liste im Anhang zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) ließe sich aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht wahrscheinlich machen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2004 wies die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Namen des seinerzeit bereits verstorbenen Versicherten wurde am 1. Juli 2004 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 3 U 615/04 anhängig war. Im Laufe des damaligen Klageverfahrens wurde klargestellt, dass Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens die Klägerin sein solle, die als Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten im eigenen Namen dessen zu Lebzeiten entstandene Ansprüche geltend mache. Die Klägerin beantragte seinerzeit, den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 4. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2004 aufzuheben und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu verurteilen, das Bronchialkarzinom ihres verstorbenen Ehemannes als BK nach Nr. 4104 anzuerkennen und im gesetzlichen Umfang zu entschädigen. Mit Urteil vom 24. August 2006 wies das Sozialgericht die Klage mit der Begründung ab, dass der Versicherte die Voraussetzunge...