Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz

 

Orientierungssatz

1. Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 BVG zur Gewährung von Hinterbliebenenrente setzt die Wahrscheinlichkeit dafür voraus, dass der Beschädigte unmittelbar an den anerkannten Schädigungsfolgen verstorben ist.

2. Die Gewährung einer Witwenbeihilfe nach § 48 BVG ist dann ausgeschlossen, wenn eine schädigungsbedingte Minderung der Hinterbliebenenversorgung nicht ersichtlich ist.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Am 19. August 2000 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG. Die 1930 geborene Klägerin und Witwe des 1925 geborenen und 2000 verstorbenen Beschädigten S. A. hat als ausländische Staatsangehörige ihren Wohnsitz in der Republik Bosnien-Herzegowina. Sie legte eine ärztliche Bescheinigung über die Todesursache vom 26. Juni 2000 vor und gab an, in ihrem Heimatland habe sie eine Rente in Höhe von umgerechnet circa 120 DM zu erwarten.

Der Beschädigte hatte aufgrund einer als Angehöriger der 13. Waffen-SS-Gebirgsdivision am 28. April 1945 erlittenen Steckschussverwundung des rechten Unterschenkels sowie einer Kopfverletzung im Februar oder März 1945 nach dem Bescheid des Beklagten vom 30. Juli 1986 ab 1. April 1986 Beschädigtenrente nach einer MdE von 30 v.H. bezogen. Zuletzt hatte der Beschädigte aufgrund des Bescheids des Beklagten vom 5. Mai 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1999 ab dem Monat August 1996 Beschädigtenrente nach einer MdE von 40 v.H. bezogen. In diesem Bescheid waren die anerkannten Schädigungsfolgen wie folgt bezeichnet worden: "Unter Verkürzung und Achsenabweichung verheilter Schussbruch des rechten Unterschenkels mit Fehlstellung, Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks nach Implantation einer Totalendoprothese, Bewegungseinschränkung des rechten Fußgelenks und der Zehen rechts."

Mit Bescheid vom 3. September 2001 lehnte der Beklagte die Gewährung einer Witwenrente oder Witwenbeihilfe nach dem BVG ab. Die Ablehnung der Witwenrente gemäß § 38 BVG begründete er damit, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den zum Tode führenden Leiden und den bei dem Ehemann der Klägerin anerkannten Schädigungsfolgen nicht ersichtlich sei. Nach der ärztlichen Bescheinigung sei der Beschädigte am 25. Juni 2000 an Cardiomyopathia chr. dekomp., Status post ICV, Bronchopneumonie bilateralis verstorben. Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf Witwenbeihilfe gemäß § 48 BVG. Es würden sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Hinterbliebenenversorgung durch die Folgen der Schädigung ihres Ehemannes um wenigstens 10 v.H. gemindert sei. Damit seien auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Witwenbeihilfe nicht erfüllt. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Eingang bei dem Beklagten am 22. September 2001 Widerspruch. Zur Begründung führte sie u. a. aus, der Beschädigte habe vor seinem Tod an Schmerzen im rechten Bein gelitten, dass Bein hätte amputiert werden sollen. Zuvor sei der Beschädigte jedoch verstorben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2001 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 14. Juni 2002 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Der Beklagte konnte keine Auskunft dazu geben, unter welchem Datum der Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2001 an die Bevollmächtigte der Klägerin abgesandt worden war. Die Klägerin hat eine ärztliche Äußerung des Dr. M. vom 8. Juni 2001, der nach eigenen Angaben als Bereitschaftsarzt den Beschädigten am 25. Juni 2000 in der Universitätsklinik T. behandelt hat, sowie eine ärztliche Äußerung des Dr. Y., Leiter der Poliklinik für Lungenkrankheiten und TBC, Gesundheitsanstalt L., vom 27. Februar 2004 eingereicht. Des Weiteren hat sie einen ärztlichen Bericht des Dr. J. vom 10. März 2004 mit diversen ärztlichen Unterlagen vorgelegt, u. a. einen ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik W. vom 12. Juni 1999 über die stationäre Behandlung des Beschädigten vom 20. April 1999 bis 12. Juni 1999 (Badekur). Nach den ärztlichen Berichten des Stadtkrankenhauses XY. vom 4. Juli 1997, Innere Medizin II, und vom 12. November 1997, Chirurgische Klinik II, war beim Beschädigten am 15. August 1997 eine Kniegelenksprothese mit Patellaersatz implantiert worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. August 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente habe, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 BVG nicht erfüllt seien. Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG greife zu Gunsten der Klägerin nicht ein, da der Beschädigte nicht (unmittelbar) an den bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen verstorben sei. Auch die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Satz 1 BVG lägen nicht vor, da die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs der Krieg...

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