Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsschutz von Selbstversicherten. bisheriger Beruf
Orientierungssatz
Zur Frage, ob die für den Berufsschutz der Selbstversicherten aus Gründen des Versicherungsprinzips und zur Vermeidung einer unbilligen Bevorzugung dieser Personengruppe gegenüber den Pflichtversicherten entwickelte Regel, den bisherigen Beruf nur insoweit zu berücksichtigen, als die entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung ihm entsprechen, auf Fälle übertragbar ist, in denen der Versicherte eine rd. 25-jährig währende selbständige Tätigkeit mit teilweise freiwillig entrichteten Mindestbeiträgen für wenige Monate unterbricht und in dieser Zeit pflichtversichert mit einem Arbeitsentgelt unter Hilfsarbeiterniveau ist?
Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 13.03.1992; Aktenzeichen S-1/J-326/89) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. März 1992 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 1989 und Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. November 1988 bis zum 30. November 1992 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu zwei Dritteln zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist (noch), ob der Kläger gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. November 1988 bis zum 30. November 1992 einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der 1928 geborene Kläger erlernte in den Jahren 1942 bis 1945 das Metzgerhandwerk und legte im März 1945 die Gesellenprüfung ab. Anschließend arbeitete er bis ins Jahr 1956 im väterlichen Betrieb als Metzger, bevor er sich aus familiären Gründen (Krankheit der Ehefrau) einer Tätigkeit als Betriebsarbeiter (Heizer) bei der Deutschen Bundesbahn zuwandte. Von 1962 bis 1988 war der Kläger sodann als Landwirt und Pferdezüchter erwerbstätig. Es wurden zuletzt in der Zeit vom 12. Februar 1979 bis zum 31. Dezember 1979 Pflichtbeiträge und sodann für die Jahre 1981 bis 1987 freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Arbeiterrentenversicherung entrichtet. Der Kläger beendete seine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer zum 31. August 1988 und war nachfolgend nicht mehr erwerbstätig.
Am 10. Oktober 1988 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit und legte einen Befundbericht des prakt. Arztes Dr. med. K. vom 28. Dezember 1988 vor. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er daraufhin am 6. Februar 1989 in der Sozialärztlichen Dienststelle D. untersucht. In seinem Gutachten vom 8. Februar 1989 diagnostizierte der Arzt für Innere Medizin - Sozialmedizin - Dr. med. O. bei dem Kläger unregelmäßig auftretende Kreislaufstörungen im Zusammenhang mit der Harnblasenentleerung, unregelmäßig vorhandene Herzrhythmusstörungen ohne erkennbare Grunderkrankung des Herzens, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule und des rechten Schulterbereiches sowie des linken Kniegelenkes und massiv hypertrophische Tonsillen, besonders rechts. Zum Leistungsvermögen führte er aus, dass der Kläger unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen noch leichte, teils auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne Wechselschicht, ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Über-Kopf-Arbeiten sowie ohne Absturzgefahr) vollschichtig verrichten könne.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag des Klägers daraufhin durch Bescheid vom 15. Februar 1989 ab und führte zur Begründung aus, der Kläger könne unter Berücksichtigung der festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Einschränkungen noch leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten, z.B. wie bisher als Landwirt, vollschichtig verrichten, so dass keine Berufsunfähigkeit und erst recht keine Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Der Kläger erhob am 15. März 1989 Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt und machte geltend, dass seine Gesundheitsstörungen seitens der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Er legte Atteste des Orthopäden Dr. med. Kr. vom 21. Dezember 1989 sowie des prakt. Arztes Dr. med. K. vom 25. Februar 1991 vor.
Die Beklagte berief sich demgegenüber auf das Ergebnis der über das (Rest-) Leistungsvermögen des Klägers eingeholten Gutachten. Sie vertrat die Auffassung, dass der Kläger sich unter Berücksichtigung des noch vorhandenen Restleistungsvermögens sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Verwalter verweisen lassen müsse.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts einen Befundbericht des Orthopäden Dr. med. Kr. vom 27. November 1989 eingeholt. Sodann ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens bei dem Orthop...