Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. keine Versicherungspflicht eines in einem Mitgliedstaat (hier: Portugal) lebenden Rentners, der eine deutsche und eine portugiesische Altersrente bezieht. Geltung der Vorschriften der EWGV 1408/71. "Mitnahme" eines Mitgliedschaftsverhältnisses. fehlende Begründung eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 SGB 10
Orientierungssatz
1. Die Koordinations- und Kollisionsnormen der EWGV 1408/71 enthalten keine Regelungen zum Bestehen oder Fortbestehen einer Versicherungspflicht bzw freiwilligen Weiterversicherung in der Kranken- bzw Pflegeversicherung. Entschließt sich ein Doppelrentenbezieher zur Rückkehr in sein Heimatland (hier: Wohnungswechsel nach Portugal), so wird der Sozialleistungsträger des Heimatlandes gemäß Art 27 EWGV 1408/71 für Leistungen bei Krankheit/Pflegebedürftigkeit endgültig zuständig.
2. Da bereits eine Wiederholung der gesetzlichen Voraussetzungen keine Begründung im Sinne von § 35 SGB 10 darstellt, erfüllt das Fehlen der Angabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen die Voraussetzungen einer nach § 35 SGB 10 erforderlichen Begründung erst recht nicht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 2006 wird zurückgewiesen, soweit die Beklagte vom Kläger die Rückzahlung von Pflegegeld für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2002 in Höhe von 1.025,00 € verlangt. Im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Pflegeversicherung (GPV), die Rückzahlung von gezahltem Pflegegeld für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2002 und die Weiterzahlung ab 1. Januar 2003 streitig.
Der Kläger, geboren 1935, ist portugiesischer Staatsangehöriger. Er arbeitete und wohnte lange Zeit in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 18. März 1974 war er bei der Beklagten kranken- und seit Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung auch pflegeversichert. Ab dem Bezug einer deutschen Altersrente (1. September 1996) war er Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Seit dem 1. Mai 2000 bezieht er neben der deutschen zusätzlich eine portugiesische Altersrente. Ab dem 7. August 2001 bezog der Kläger Pflegesachleistungen der Beklagten. Aufgrund der Mitteilung, der Kläger halte sich seit dem 15. Dezember 2001 vorübergehend in Portugal auf, zahlte die Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2002 Pflegegeld. Am 31. Januar 2003 teilte die LVA U (heutige Bezeichnung: Deutsche Rentenversicherung U) der Beklagten mit, der Kläger habe sich zum 31. Juli 2002 in Deutschland abgemeldet. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2003 das Ende der Mitgliedschaft des Klägers in der GPV zum 31. Juli 2002 fest. Des Weiteren forderte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Februar 2003 die Rückzahlung von Pflegegeld für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2002 in Höhe von 1.025,00 €.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 19. Februar 2003 am 21. Februar 2003 Widerspruch und führte dazu aus, das Pflegegeld sei exportierbar und verwies auf das Gebot der Nichtdiskriminierung von Wanderarbeitnehmern nach der VO (EWG) Nr. 1408/71. Danach verfalle der Krankengeldanspruch wegen einer Rückwanderung nicht. Dies sei auf das Pflegegeld zu übertragen. Da in Portugal das Risiko der Pflege nicht versichert sei, habe er gegen die deutsche Pflegeversicherung weiterhin einen Leistungsanspruch, der europakonform auszugestalten sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass seine Ansprüche aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Portugal zu exportieren wären, wenn er nur eine deutsche Rente beziehen würde. Er bat um Auskunft, ob im Falle seines Verzichts auf die portugiesische Rente die Beklagte bereit sei, das Pflegegeld weiter zu zahlen.
Nach Einschaltung der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach Art. 27 der VO (EWG) Nr. 1408/71 ende mit seiner Abmeldung zum 31. Juli 2002 seine Mitgliedschaft in der GPV und damit sein Leistungsanspruch auf Pflegegeld. Diese Auffassung werde durch die Urteile der Sozialgerichte Heilbronn vom 23. Januar 2002 (Az.: S 9 P 1193/01) und Dortmund vom 23. Februar 2001 (Az.: S 12 KN 3/00 P) sowie durch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. August 2002 (Az.: L 16 P 143/00) bestätigt. Auch sei die Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer der Auffassung, dass kein Mitgliedsstaat der EU auf Kosten eines anderen Mitgliedstaates einen Verzicht auf Leistungen zulassen dürfe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbesch...