Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Unfallversicherung. Gang von Krankenhausbett zur Toilette. eigenwirtschaftliche Handlung

 

Orientierungssatz

1. Der Gang vom Bett zur Toilette während der Nachruhe stellt eine nichtversicherte, eigenwirtschaftliche Handlung dar (Anschluss an LSG Darmstadt vom 24.10.2006 - L 3 U 114/06). Die hierfür entstehenden Behandlungskosten (Krankenhausbehandlung, Krankentransport) sind von der Krankenversicherung zu übernehmen.

2. Die von der Rechtsprechung für den Gang zur Toilette am Arbeitsplatz entwickelten abweichenden Grundsätze, die für diesen Weg zu einem Unfallversicherungsschutz gelangen, sind nicht auf den Krankenhausbereich übertragbar.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für die Behandlungskosten ihrer Versicherten, G. B., aus Anlass eines Unfalls am 27. November 2000 während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.

Die Versicherte wurde am 10. November 2000 in der Klinik R. in S. im Alter von 76 Jahren zur stationären Anschluss-Rehabilitation nach einer Krankenhausbehandlungwegen einer komplizierten Cholecysitis mit wiederholter Erfordernis einer Laparatomie aufgenommen. Nach dem Entlassungsbericht der Klinik R. trat bei der Versicherten wenige Tage nach ihrer Aufnahme eine starke Verschlechterung des Allgemeinzustandes auf. Nachdem die Versicherte zunehmend mobilisiert werden konnte, sei es am 27. November 2000 zu einem nicht-synkopalem Sturz auf die rechte Hüfte gekommen. Dabei habe sich die Versicherte einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen, der operativ im Kreiskrankenhaus G. versorgt worden ist.

Nach dem Bericht des Durchgangsarztes K. stolperte und stürzte die Versicherte am 27. Oktober 2000 beim Gang zur Toilette. Nach dem Unfallbericht der Versicherten stürzte sie am 27. November 2000 um ca. 19:30 Uhr in ihrem Zimmer in der Klinik R. in Anwesenheit ihres Ehemanns. Eine Ursache des Unfalls konnte sie nicht nennen und gab weiter an, sie sei im beleuchteten Zimmer vom Stuhl aufgestanden und ohne ersichtlichen Grund nach zwei, drei Schritten gefallen.

Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 30. November 2000 bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Bezug auf die angefallenen Kosten der Krankenhausbehandlung und des Krankentransports ihrer Versicherten an.

Die Klinik R. gab auf einem Formular der Beklagten am 15. Januar 2001 an, der Unfall der Versicherten habe sich auf dem Gang zur Toilette (Nasszelle) innerhalb ihres Zimmers ereignet. Sie sei über Hausschuhe gestolpert und sei im Zeitpunkt des Unfalls “recht gut mobilisiert" gewesen. Eine Einrichtung der Klinik oder die besondere Beschaffenheit der Unfallstelle habe nicht zur Schwere der Verletzung beigetragen.

Folgende Fragen im Formular der Beklagten wurden von der Klinik R. verneint:

“14. Ergab sich die Unfall bringende Betätigung:

a) Aus der Befolgung/Ausführung/einer ausdrücklichen ärztlichen

Anordnung/Verordnung?

b) Aus einem zwar nicht verordneten, aber der Genesung förderlichen Verhalten?

c) Aus einer ärztlichen Anordnung entgegenstehenden Verhalten?

d) Aus einer Hilfeleistung zur Entlastung, Unterstützung Ihres Personals?

e) Zwangsläufig aus der Unterbringung in Ihrem Haus, ggf. inwiefern?

f) Allein aus der persönlichen Freizeitgestaltung d. Verletzten, ggf. inwiefern?"

Mit Schreiben vom 23. März 2001 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung mit der Begründung ab, der Unfall habe sich bei einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit ohne Bestehen einer besonderen Gefahr ereignet.

Die Klägerin hat am 6. September 2001 Klage gegen die Beklagte vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main auf Erstattung ihrer Aufwendungen anlässlich des Unfalls ihrer Versicherten am 27. November 2000 erhoben.

Sie hat die Auffassung vertreten, für ihre Versicherte habe während ihres Aufenthalts in der Klinik R. Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) bestanden. Zwar sei die Verrichtung der Notdurft grundsätzlich eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unterliege jedoch der Weg zur Toilette regelmäßig dem Unfallversicherungsschutz. Im Übrigen habe der Weg zur Toilette der Steigerung der Mobilität der Versicherten und daher dem Behandlungsziel gedient. Nach den Arbeitsregeln der Verwaltungs- Berufsgenossenschaft (Verwaltungs-BG) unterliege der Weg zur Toilette dem Unfallversicherungsschutz.

Die Beklagte hat demgegenüber auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Beschluss vom 8. Januar 1997, Az.: 2 BU 257/96 verwiesen. Danach stelle der Gang zur Toilette eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar. Ein Versicherungsschutz könne nur für besondere krankenhaustypische Gefahren angenommen werden. Solche hätten nach den vorliegenden Unterlagen nicht bestanden. Soweit die Klägerin auf die Arbeitsregeln der Verwaltungs-BG verweise, so besitze diese für sie keine Rechtsverbindlichkeit.

Zudem sei eine Parallele zu Dienst- und Geschäftsreisen außerhalb des eigentlichen Dienstgeschäfts...

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