Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung in der Hauptsache iS des § 17a Abs 5 GVG. Prüfung des Rechtsweges durch das Rechtsmittelgericht. Ausgleich nach § 85 SVG. Verzinsung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Hat das Sozialgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges zur Sozialgerichtsbarkeit verneint, was für Amtshaftungsansprüche auch zutreffend ist, ohne jedoch den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen, kann das Berufungsgericht diesen Verfahrensfehler ohne Verletzung von § 17a Abs 5 GVG durch Ausspruch der unterbliebenen Verweisung beheben. Denn nach dem Zweck des § 17a Abs 5 GVG soll sich das Rechtsmittelgericht nur dann mit der Frage des Rechtsweges befassen, wenn auch die Entscheidung der Vorinstanz - wie hier - insoweit ausschließlich darauf beruht.
2. Die Vorschrift des § 44 SGB 1 ist auf einen Anspruch gemäß § 85 SVG nicht anzuwenden; stattdessen besteht wie im Beamtenrecht entsprechend § 291 BGB lediglich ein Anspruch auf Prozesszinsen ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit (vgl BSG vom 14.12.1988 - 9/4b RV 39/87 = BSGE 64, 225 = SozR 7610 § 291 Nr 2).
3. Den dienstrechtlichen Anspruch auf Ausgleich gemäß § 85 SVG im Unterschied zum entschädigungsrechtlichen aus § 80 SVG nicht nach § 44 SGB 1 zu verzinsen, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Anschluss an BSG vom 14.12.1988 - 9/4b RV 39/87 = BSGE 64, 225 = SozR 7610 § 291 Nr 2).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juli 2003 abgeändert und der Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart verwiesen, soweit der Kläger gegen die Beklagte Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung geltend macht. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klage auf Erstattung von Fahrtkosten zum Standortarzt im Juli/August 1995 wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten hauptsächlich um die Verzinsung von Ausgleichsleistungen nach § 85 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG).
Der ... 1965 geborene Kläger absolvierte vom 2. Juli 1984 bis zu seiner vorzeitigen Entlassung am 30. August 1993 Wehrdienst als Soldat auf Zeit. Seine im Juli 1993 gestellten Anträge auf Gewährung von Ausgleichsleistungen gemäß § 85 SVG lehnte der Beklagte seinerzeit zunächst ab.
Mit Urteil vom 29. Mai 2002 (Az.: S 10 VS 2579/97) verurteilte das Sozialgericht Gießen die Beklagte u.a. dazu, dem Kläger einen Ausgleich gemäß § 85 SVG für die Zeit vom 1. Juli 1986 bis 30. April 1990 in Höhe von 25 v.H. und für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Bundeswehr in Höhe von 40 v.H. zu gewähren. Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Urteil ist durch Rücknahme der vom Kläger beim Hessischen Landessozialgericht eingelegten Berufung (Az.: L 4 VS 872/02) rechtskräftig geworden. Mit Ausführungsbescheid vom 30. August 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger den zugesprochenen Ausgleich für den Zeitraum vom 1. Juli 1986 bis zum 30. August 1993 in Höhe von insgesamt 9.197,65 Euro. Die Zahlung erfolgte unbar durch Überweisung auf das Konto des Klägers mit Verfügung vom 24. September 2002.
Mit dem am 6. September 2002 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruchsschreiben vom 5. September 2002 beantragte der Kläger u.a. die Verzinsung der Ausgleichsleistung, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 Zinsen in Höhe von 1.755,73 Euro bewilligte. Hierbei ging sie gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der vor dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung von einem Zinssatz in Höhe von 4 v.H. im Jahr und einem Zinszeitraum vom 23. Dezember 1997 bis 30. September 2002 aus, wie sie dem Kläger mit Berichtigungsschreiben vom 31. Oktober 2002 im Widerspruchsverfahren mitteilte. Den dagegen mit dem Ziel eines höheren Zinssatzes sowie eines früheren Verzinsungsbeginnes eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2003 zurück.
Die hiergegen am 28. Februar 2003 beim Sozialgericht Gießen erhobene Klage, mit der der Kläger darüber hinaus auch den Ersatz des Schadens begehrt hat, der ihm durch die unterbliebene Anlage des von der Beklagten nachzuzahlenden Ausgleichs entstanden sei, hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2003 (Az.: S 10 VS 396/03) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, soweit der Kläger Schadensersatz und die Feststellung begehre, dass die Beklagte eine Amtspflichtverletzung begangen habe, sei die Klage bereits unzulässig, denn insoweit sei der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet und die Sozialgerichtsbarkeit unzuständig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, denn dem Kläger stehe nur ein Anspruch auf Prozesszinsen gemäß § 291 BGB in der vor dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung zu. Die zu verzinsende Ausgleichsleistung sei jeweils mit ihrem Entstehen und somit noch vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden. Gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlic...