Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsfreie Krankenversicherung der Rentner. überwiegende Erwerbstätigkeit im Ausland
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der „erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit” in § 165 Abs. 1 Nr. 3a RVO ist gebietsneutral auszulegen, um sicherzustellen, daß mit der danach ermittelten Halbbelegung auch tatsächlich eine vom Gesetz vorausgesetzte Teilhabe an der Solidargemeinschaft der Versicherten deutscher Krankenversicherungsträger gewährleistet wird. Sozial angemessener Rahmen und Maßstab ist das gesamte Erwerbsleben der Bezugsperson (Abweichung von LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.11.1979, KVRS, A-1500/1).
Normenkette
RVO § 165 Abs. 1 Nr. 3a Fassung: 1977-07-01; SGB IV §§ 3, 6; SozSichAbK YUG Art. 3-4, 17
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.10.1981; Aktenzeichen S-9/Kr-63/80) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Oktober 1981 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner.
Die Klägerin ist jugoslawische Staatsangehörige und hat ihren Wohnsitz in J.. Sie ist die Witwe des im Jahre 1937 geborenen A. D. (D.), der am 29. Juli 1978 einem tödlichen Unfall erlag. D. war vom 24. Oktober 1969 bis zu seinem Tode in der Bundesrepublik Deutschland versicherugspflichtig beschäftigt und während dieser Zeit Pflichtmitglied der Beklagten. Nach dem Bescheid der Gemeinschaft der Renten- und Invalidenversicherung für V. in N. S. vom 6. März 1979 über die Ablehnung, der Klägerin Hinterbliebenenrente nach D. zu Lasten des jugoslawischen Versicherungsträgers zu gewähren, begann die in J. von D. zurückgelegte rentenfähige Dienstzeit am 23. Oktober 1956. Auf den Antrag der Klägerin vom 11. Oktober 1978 in J. – das deutsche Rentenverfahren wurde am 7. Dezember 1978 eingeleitet – gewährte die Landesversicherungsanstalt N. mit Bescheiden vom 1. März 1979 der Klägerin Witwenrente und den beiden Kindern der Klägerin Halbwaisenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter nach D.. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 1979 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin nicht Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Rentner geworden sei, weil die Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a der Reichsversicherungsordnung (RVO) – Halbbelegung – nicht erfüllt seien. Den dagegen am 29. Oktober 1979 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte nach vorheriger Darlegung ihres Rechtsstandpunktes unter dem 14. November 1979 mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 1980 zurück.
Am 4. März 1980 hat die Klägerin dagegen Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) verwiesen hat. Mit Urteil vom 9. Oktober 1981 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte den Beginn der Rahmenfrist im Sinne des § 165 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a RVO auf den 23. Oktober 1956 gelegt. Es sei nicht richtig und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, wenn man den Beginn der Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift mit dem Beginn der Erwerbstätigkeit im Geltungsbereich der RVO gleichsetze. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung dieser Vorschrift durch das Kostendämpfungsgesetz bezweckt, daß niemand Mitglied in der beitragslosen Krankenversicherung … (KVdR) sein solle, wenn er nicht während einer gewissen Zeit selbst Beiträge auch in diese KVdR oder zur Finanzierung dieser KVdR eingezahlt habe, so daß schon daraus ein Anspruch für ihn erwachse. Es solle vermieden werden, daß lediglich kurzfristige Versicherungszeiten bei einem deutschen Krankenversicherungsträger zu einem Anspruch auf beitragslose Mitgliedschaft in der KVdR führe. D. sei seit 1956 bis zu seinem Tode 21 Jahre, 9 Monate und 7 Tage erwerbstätig gewesen. Die erforderliche Vorversicherungszeit, die sog. Halbbelegung nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a RVO betrage somit 10 Jahre, 10 Monate und 18 Tage. Da für D. jedoch nur eine anrechenbare Versicherungszeit, d.h. diejenige Zeit, in der er bei einem deutschen Krankenversicherungsträger versicherungspflichtiges Mitglied gewesen sei, von 8 Jahren, 9 Monaten und 6 Tagen errechnet werden könne, habe D. in seiner Person diese sog. Vorversicherungszeit bzw. diese Halbbelegung nicht erfüllt. Da auch in der Person der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien, müsse die Klage abgewiesen werden.
Gegen dieses ihr am 2. November 1981 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. November 1981 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Sie vertritt die Meinung, die sog. Halbbelegung werde dadurch erreicht, daß D. 8 Jahre, 9 Monate und 6 Tage bei der Beklagten versichert gewesen sei. Entscheidend sei, daß er am 24. Oktober 1969 bei der D. seine Arbeit tatsächlich aufgenommen habe. § 165 RVO bes...