Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Kostenerstattung für eine in den Niederlanden durchgeführte USPIO-MRT. keine Unaufschiebbarkeit der Leistung bei fehlender medizinischer Dringlichkeit. keine Verweigerung der Sachleistung bei fehlender Vorabprüfung. kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 4 SGB 5 bei fehlendem Primäranspruch auf die Dienst- oder Sachleistung im Inland. keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bei nicht vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasster ambulanter Behandlungsmethode
Orientierungssatz
1. Eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar iS des § 13 Abs 3 S 1 SGB 5, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht (vgl BSG vom 25.9.2000 - B 1 KR 5/99 R = SozR 3-2500 § 13 Nr 22).
2. Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus, wenn der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs 3 SGB 5 soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 1 KR 5/09 R = SozR 4-2500 § 31 Nr 15). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihren - Gesundheitsgefährdungen und wirtschaftliche Risiken vorbeugenden - Beratungsauftrag erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen, um ggf aufzuzeigen, welche Leistungen anstelle der begehrten in Betracht kommen.
3. Kostenerstattungsansprüche nach § 13 Abs 4 SGB 5 hängen davon ab, dass der Versicherte einen Primäranspruch auf die entsprechende Dienst- oder Sachleistung im Inland hat. Sie können die Grenzen des Leistungssystems nicht sprengen, sondern setzen einen Leistungsanspruch voraus. Nicht Art und Umfang der Leistung ändern sich, zugelassen wird lediglich die Selbstbeschaffung der Leistung in dem EU/EWR-Ausland.
4. Eine USPIO-MRT ist vom Leistungskatalog des SGB 5 in der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
5. Für eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 SGB 5 genügt es nicht schon allgemein, dass eine ambulante Behandlungsmethode zwar den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht, aber ohne Rechtsverstoß noch nicht in den Leistungskatalog vertragsärztlicher zu Lasten der Krankenkassen erbringbarer Leistungen aufgenommen worden ist (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 19).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 19. August 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine in den Niederlanden durchgeführte USPIO-MRT in Höhe von 1.500,00 €.
Bei dem 1937 geborenen und bei der Beklagten versicherten Kläger wurde Anfang des Jahres 2005 ein Prostatakarzinom Stadium Gleason 7 ohne Metastasen diagnostiziert. Im Rahmen der Untersuchungen in Deutschland erfolgten eine Biopsie, ein Röntgen der Lunge, ein Skelettszintigramm und ein CT. Am 20. April 2005 ließ der Kläger durch Prof. QQ. im ärztlichen Zentrum der Universität WW. in den Niederlanden ambulant eine USPIO-MRT durchführen. Hierbei handelt es sich um ein spezielles MRT-Verfahren, bei dem Eisenoxidpartikel eingesetzt werden. Mit 30 Nanometer kleinen Eisenpartikeln und der Magnetresonanz-Tomographie können bei Patienten mit Prostatakarzinom selbst kleine Lymphknoten-Metastasen identifiziert werden, die anderen bildgebenden Verfahren entgehen. Dieses Verfahren wird in Europa nur durch Prof. QQ. durchgeführt.
Am 14. Dezember 2005 stellte der Kläger über seine Hausärztin, Frau EE., bei der Beklagten unter Beifügung einer Rechnung vom 20. April 2005 in Höhe von 1.500,00 € einen Antrag auf Kostenerstattung für die USPIO-MRT. Zur Begründung wies er darauf hin, dass bei ihm aufgrund der speziellen Diagnostik eine Operation habe vermieden werden können, die mit einer 50% bis 80% Wahrscheinlichkeit eine Harninkontinenz und/oder eine dauerhafte Impotenz hervorgerufen hätte. Die erfolgreiche Bestrahlungstherapie (IMRT) nebst Hormontherapie sei in GT. erfolgt und insoweit auch von der Beklagten übernommen worden. Durch die erweiterte Diagnostik liege eine effektive Therapie vor, die der Krankenkasse erhebliche Geldleistungen erspart habe. Die Beklagte holte ein Gutachten bei dem medi...