Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beiträgen (Arbeitgeberanteile) zur Arbeitslosenversicherung zugunsten von Herrn W. H. für die Zeit 1. Januar 1989 - 30. November 1996 in Höhe von 9.557,05 Euro minus die Beiträge für Dezember 1996.

Die Klägerin ist ein seit 2. Dezember 1988 (Datum der notariell beurkundeten Errichtung) betriebenes Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, deren Stammkapital Herr W. H. (W. H.), in Höhe von 40 v. H. und dessen Vater, Herr R. H., in Höhe von 60 v. H. übernahmen. Herr W. H. wurde ab 1. Januar 1989 als Geschäftsführer der GmbH mit der Befugnis zu ihrer Alleinvertretung angestellt; er hatte die ihm von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen zu befolgen und bedurfte für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgingen, der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung (Gesellschafter-Geschäftsführer-Vertrag vom 2. Mai 1989). Die Gesellschafterbeschlüsse bei der Klägerin werden mit einer Mehrheit von mehr als 50 % der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefasst (Gesellschaftsvertrag vom 2. Dezember 1988). Die Klägerin entrichtete für Herrn W. H. in der Zeit 1. Januar 1989 - 30. September 2001 Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge. Die AOK - Die Gesundheitskasse in Hessen (AOK) führte bei der Klägerin am 9. September 1994 sowie am 16. Juni 1998 Betriebsprüfungen durch, ohne - nach ihren Angaben (Auskunft der AOK an die Beklagte vom 16. November 2001) - eine versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses von Herrn W. H. vorzunehmen. Die AOK stellte durch Bescheid vom 20. Juli 2001 gegenüber der Klägerin fest, dass für Herrn W. H. seit 1. Januar 1989 nach Überprüfung der eingereichten Unterlagen keine Sozialversicherungspflicht bestehe.

Die Klägerin beantragte am 13. November 2001 die Erstattung der zugunsten von Herrn W. H. entrichteten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Von der Beklagten zur Verjährung des Erstattungsanspruchs angehört, machte die Klägerin geltend, ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung seien auch über den Verjährungszeitpunkt hinaus zu erstatten, da diese ohne rechtlichen Grund entrichtet worden seien.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 23. September 2003 die Beitragserstattung teilweise in Höhe von 9.557,05 Euro ab, weil der Erstattungsanspruch gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die vor dem 1. Januar 1997 entrichteten Beiträge im Zeitraum 1. Januar 1989 - 31. Dezember 1996 verjährt sei. Besondere Gründe, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, lägen nicht vor. Die Beiträge für die Zeit 1. Januar 1997 - 30. September 2001 in Höhe von 6.426,75 Euro wurden erstattet.

Die Klägerin wandte sich mit Widerspruch vom 1. Oktober 2003 gegen die Erhebung der Verjährungseinrede.

Die Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2003 den Widerspruch als unbegründet zurück und führte in den Gründen ergänzend aus: Die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Arbeitsförderung ergebe sich aus § 351 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) i. V. m. §§ 26 bis 28 SGB IV. Nach § 27 Abs. 2 SGB IV verjähre der Erstattungsanspruch in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Unter Beachtung des Eingangs des Erstattungsantrags der Widerspruchsführerin am 16. November 2001 seien somit die Beiträge für die Zeit 1. Januar 1989 - 31. Dezember 1996 verjährt. Die Einrede der Verjährung werde von der Bundesanstalt für Arbeit nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte sei im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn die Beitragsentrichtung deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt für Arbeit oder der Einzugsstelle (hier der AOK Hessen) beruhe. Ein solches fehlerhaftes Verwaltungshandeln ergebe sich hier gerade nicht, weil eine versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses von Herrn W. H. während der Betriebsprüfungen am 16. Juni 1998 und 9. September 1994 nicht vorgenommen worden sei.

Die Klägerin hat am 14. November 2003 bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und sich gegen die teilweise Ablehnung ihres Beitragserstattungsantrags in Höhe von 9.557,05 Euro gewendet. Zur Begründung hat sie vortragen lassen, die AOK hätte ohne weiteres erkennen müssen, dass im Fall des Herrn W. H. eine nicht berechtigte Beitragsabführung vorgelegen habe. Der Gesellschaftsvertrag, aus dem sich die familiären Verhältnisse bzw. die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschaft ergäben, müsse der AOK vorgelegen haben. Ggf. könne der Steuerberater Dr. L. aus G. dazu als Zeuge gehört werden. Die Beklagte hat zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt ihrer Leistungsakte sowie die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das Sozialgericht Gießen hat durch Urteil vom 12. Juli 2005 die Klage abgewiesen, weil die B...

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