Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus- Vereinbarung eines Zusatzentgelts für die Behandlung von Blutern (hier: Gabe des Blutgerinnungspräparats "Novoseven®"). kein Vergütungsanspruch bei nur vorübergehender Blutgerinnungsstörung. Definition eines Bluters

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung des § 17b Abs 1 S 12 KHG enthält eine Ermächtigungsgrundlage zur Vereinbarung eines Zusatzentgelts für die Behandlung von Blutern nur für eng begrenzte Ausnahmefälle. Eine nur vorübergehende Blutgerinnungsstörung bei anderen Personen wird von der Regelung der zwischen den Krankenkassenverbänden auf Landesebene und der Hessischen Krankenhausgesellschaft geschlossenen "Empfehlungsvereinbarung für die Vergütung der Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren" damit nicht erfasst.

2. Bei einem Bluter handelt es sich um einen Menschen, der dauerhaft oder zumindest für einen längeren Zeitraum unter der Bluterkrankheit (Hämophilie) leidet.

 

Normenkette

KHG § 17b Abs. 1 Sätze 12, 15; SGB V § 109 Abs. 4 S. 3, § 112 Abs. 2 Nr. 1; KHEntgG § 7 S. 1 Nr. 1, §§ 11, 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 15 Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung des Zusatzentgeltes ZE2008-27-5 für die Gabe des Blutgerinnungspräparates Novoseven® im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung des bei der Beklagten versicherten C.

Dieser wurde in der Zeit vom 1. Juni 2009 bis 16. Juni 2009 im Krankenhaus des Klägers vollstationär behandelt. Am 2. Juni 2009 erfolgte ein Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen-Maschine. Aufgrund postoperativer Komplikationen und einer hierdurch verursachten temporären Blutgerinnungsstörung erfolgte am 3. Juni 2009 die Versorgung des Versicherten mit dem Blutgerinnungspräparat Novoseven®.

Am 30. Juni 2009 stellte der Kläger der Beklagten hierfür eine Vergütungsforderung in Höhe von 29.193,70 EUR in Rechnung. Als Grundlage hierfür führte er unter anderem die Fallpauschale F03a (Herzklappeneingriff mit Herz-Lungen-Maschine mit komplizierender Konstellation) an. Darüber hinaus machte der Kläger ein Zusatzentgelt in Höhe von 3.484,32 EUR für die Gabe des Blutgerinnungspräparates Novoseven® geltend. Am 22. Juli 2009 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung dieser Vergütungsforderung. In dem Gutachten vom 6. Mai 2010 führte der MDK aus, dass keine angeborene oder dauerhaft erworbene Blutgerinnungsstörung bei dem Versicherten vorliege. Die Beklagte führte daraufhin mit Schreiben vom 18. Mai 2010 gegenüber dem Kläger aus, dass das geltend gemachte Zusatzentgelt für die Gabe des Blutgerinnungspräparates nicht gesondert vergütet werden könne. Da die Rechnungsbegleichung durch die Beklagte bereits erfolgt sei, bat diese um die entsprechende Gutschrift sowie Neuberechnung bis zum 18. Juni 2010. Anderenfalls erfolge die Verrechnung des streitigen Betrages zum 19. Juni 2010.

Mit der unter dem 31. August 2011 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung des Zusatzentgeltes für die Gabe des Blutgerinnungspräparates Novoseven® bei dem Versicherten der Beklagten im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von 3.484,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. Juni 2010 geltend gemacht. Derartige Zusatzentgelte könnten gemäß § 17b Abs.1 Satz 12 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von den zuständigen Gremien für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbart werden. Hierzu gehöre insbesondere die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsstörungen. Die Vertragsparteien hätten auf Bundesebene hierzu bislang keine entsprechenden Regelungen getroffen. Es seien daher krankenhausindividuelle bzw. landesbezogene Vereinbarungen nötig, die in Hessen seit vielen Jahren in Form einer "Empfehlungsvereinbarung" existiere. Diese sei zwischen den Krankenkassenverbänden und der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. geschlossen worden. Ausweislich der Präambel wie auch § 1 dieser Vereinbarung seien die Vertragsparteien übereinstimmend der Auffassung, dass auch für die Behandlung erworbener Blutgerinnungsstörungen mit Blutgerinnungsfaktoren Zusatzentgelte zu zahlen seien. Zu den erworbenen Gerinnungsstörungen gehörten auch temporäre Blutgerinnungsstörungen.

Die Beklagte hat hierauf erwidert, der Versicherte sei nicht Bluter im Sinn der "Empfehlungsvereinbarung". Ausweislich des Begutachtungsergebnisses des MDK habe weder eine dauerhafte noch eine angeborene Blutgerinnungsstörung vorgelegen. Der Versicherte sei lediglich temporär aufgrund der durchgeführten Operation auf Blutgerinnungsfaktoren angewiesen und daher "nur vorübergehend Bluter" gewesen. Eine erworbene Hämophilie liege nur dann vor, wenn diese im Gegensatz zu einer seit Geburt bestehenden Störun...

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