Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsbeitrag für Eigenjagden

 

Orientierungssatz

Ein Unternehmer mit mehreren in § 776 Abs 1 Nr 1-3 RVO genannten Unternehmen hat für jedes einzelne gesondert Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu entrichten, auch wenn die Unternehmen auf demselben Grund und Boden betrieben werden. Die Beitragserhebung für eine Eigenjagd, die auf beitragspflichtigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen betrieben wurde, ist rechtmäßig.

 

Verfahrensgang

SG Kassel (Urteil vom 24.06.1986; Aktenzeichen S-3/U - 145/84)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24. Juni 1986 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger als Unternehmer eines Eigenjagdbezirkes beitragspflichtig ist.

Der Kläger ist seit Juli 1980 Eigentümer der “Guts- und Forstverwaltung E.” mit 807,78 ha land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Mit diesen ist er im Unternehmerverzeichnis der beklagten Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (BG) eingetragen und entrichtet nach dem Arbeitsbedarf berechnete Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. 519 ha dieser Flächen bilden einen Eigenjagdbezirk im Sinne des § 7 Bundesjagdgesetz (BJG) und werden nach ursprünglicher Verpachtung seit dem 1. April 1983 vom Kläger selbst genutzt.

Durch Bescheid vom 14. Mai 1984 bzw. den berichtigten Beitragsbescheid vom 2. Juli 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 1984 veranlagte die Beklagte den Kläger ab 1. April 1983 als Unternehmer des Eigenjagdbezirkes “E.” gemäß § 53 ihrer Satzung mit einer Fläche von 519 ha und zog ihn für das Umlagejahr 1983 für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1983 zur Zahlung eines Beitrags zur Unfallversicherung in Höhe von 163,50 DM heran. Der Beitragsberechnung wurde der vom Vorstand der Beklagten am 16. April 1984 für das Jahr 1983 festgesetzte Betrag von 0,42 DM pro Hektar Jagdfläche zugrunde gelegt. Die Beklagte verwies darauf, dass § 776 Abs. 1 Nr. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) Jagden als selbständige Unternehmen aufführe und diese deshalb keine Bestandteile der land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne des § 776 Abs. 1 Nr. 1 RVO seien. Von den Unternehmern von Jagden (Eigen- und Pachtjagden) könnten demgemäß besondere Beiträge erhoben werden. Das sei auch von der Sache her gerechtfertigt, weil mit der Eröffnung einer Jagd grundsätzlich andere und weitergehende Gefahren begründet würden, als sie der Land- und Forstwirtschaft im engeren Sinne eigen seien. Die dagegen am 14. September 1984 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Kassel durch Urteil vom 24. Juni 1986 aus den Gründen der angefochtenen Bescheide und gestützt auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgewiesen.

Gegen das ihm am 5. Juli 1986 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. August 1986 Berufung eingelegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, dass seine nicht aus Erwerbsgründen betriebene Jagd kein selbständiges Unternehmen ohne Bodenbewirtschaftung, sondern einen Teil des auf Bodenbewirtschaftung beruhenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes darstelle, für den er bereits Beiträge zur Unfallversicherung zahle. Davon sei bis zur Gesetzesänderung im Jahre 1942 durch das 6. Änderungsgesetz in vergleichbaren Fällen vernünftiger Weise und in Übereinstimmung mit der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch ausgegangen worden. Denn eine saubere und klare Risikoabgrenzung sei bei von land- und forstwirtschaftlichen Unternehmern selbstbetriebenen Eigenjagden nicht möglich. Soweit das gegenwärtige Recht für Jagdbetriebe eine Beitragspflicht vorsehe, sei es wegen veränderter Verhältnisse und Interessenlagen lange überholt, insgesamt unbillig und u.a. wegen der Gleichstellung von selbstbewirtschafteten Eigenjagden land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer mit aus Liebhaberei betriebenen Pachtjagden mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar. Die Zwangsmitgliedschaft verstoße auch gegen Art. 12, 2 Abs. 1 und 14 GG, da er hierdurch in einen “Beruf” gepresst werde, eine Versicherung für den Jagdbetrieb angesichts der viel preiswerteren und sämtliche Drittschäden abdeckenden Jagdhaftpflichtversicherung völlig überflüssig sei und die gleichwohl erhobenen Beiträge auch angesichts ihres rasanten Anstiegs um rund 143 % in den letzten Jahren eine nicht mehr hinnehmbare Ungerechtigkeit darstellten. Sofern aufgrund von Risikoüberlegungen Jagdbeiträge tatsächlich erhoben werden könnten, sei es aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit jedenfalls zwingend notwendig, zwischen selbstgenutzten Eigenjagden und Pachtjagden zu unterscheiden.

Andere Berufsgenossenschaften, wie z.B. die land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Darmstadt, zögen selbstbewirtschaftete Eigenjagden überhaupt nicht zu Jagdbeiträgen heran. Zumindest sei ihm ein Beitragsnachlass zu gewähren, da in seinem Betri...

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