Entscheidungsstichwort (Thema)
- siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 1 KR 20/17 R
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Darmstadt vom 18.5.2017 - L 8 KR 42/16, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 31. März 2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten zu erstatten, die ihr durch die am 30. Januar 2014, 3. Juni 2014 und 1. Juli 2014 durchgeführte Fettabsaugung mittels Liposuktion im Bereich der Arme, Oberschenkel und Unterschenkel entstanden sind.
Die 1993 geborene Klägerin ist bei der Beklagten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Sie stellte am 18. September 2013 bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme für eine Liposuktion der Oberschenkel beidseits, der Unterschenkel beidseits sowie der Arme beidseits. Beigefügt waren Kostenvoranschläge sowie ein “Fachärztliches Gutachten zur Vorlage beim Medizinischen Dienst" des Arztes Dr. med. CK (Chirurg, Lipödem-Chirurgie, Gefäßkrankheiten Rhein-Ruhr) vom 9. September 2013. Die nach Maßgabe der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) spezifizierten Kostenvoranschläge für Arme, Oberschenkel und Unterschenkel belief sich jeweils auf 3.800 €.
Die Beklagte veranlasste eine medizinische Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Hessen (MDK) nach Aktenlage. Dieser teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26. September 2013 mit, dass eine Befundanforderung an die Klägerin gerichtet worden sei. Im Gutachten vom 17. Oktober 2013 führte die Sachverständige Dr. DT aus, dass die beantragte Maßnahme aus medizinischer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden könne, da zuvor konservative Therapiemaßnahmen im Sinne einer komplexen multimodalen stationären Behandlung angezeigt und auszuschöpfen seien. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 die beantragte Kostenübernahme unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Begutachtung durch den MDK ab.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 13. November 2013 Widerspruch, dem eine ärztliche Stellungnahme von Dr. EN (Chirurg, Phlebologe , Gefäßkrankheiten Rhein-Ruhr) beigefügt war. Danach sei ein Charakteristikum des Lipödems, dass die krankhafte Fettgewebsvermehrung durch konservativen Maßnahmen in keiner Weise beeinflusst werden könne. Die Bestrumpfung reduziere lediglich das begleitende Lymphödem und die Einlagerung von Gewebewasser. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine erneute Begutachtung durch den MDK. Für diesen führte die Sachverständige Dr. FE am 26. November 2013 aus, dass weiterhin eine medizinische Indikation für die beantragte Liposuktion nicht zu bestätigen sei. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien zunächst vollständig auszuschöpfen, bevor ein operatives Verfahren zum Einsatz gelange, zumal für den vorliegenden Fall keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vorliege.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 18. Oktober 2013 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2014 zurück. Bei der Liposuktion handele es sich um eine Behandlungsmethode, die sich zurzeit im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befinde. Die Leistung sei bisher nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) seien nicht erfüllt. Auch liege kein Systemversagen und eine daraus resultierende Leistungspflicht nach § 13 Abs. 3 SGB V vor. Eine Leistungspflicht lasse sich auch nicht aus § 2 Abs. 1a SGB V oder aus § 12 SGB V ableiten.
Die Klägerin hat am 17. März 2014 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide zu verurteilen, die Kosten der bereits durchgeführten Operationen im Rahmen einer Liposuktion zu tragen sowie die zukünftig folgenden Kosten der Operationen der Klägerin zu tragen. Mit Schriftsatz vom 6. Januar 2015 hat die Klägerin ihr Begehren auf Kostenersatz für die zwischenzeitlich durchgeführten Operationen konkretisiert.
Das Gericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr. GK und Dr. CK eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V seien nicht erfüllt, da die Klägerin eine Liposuktion bereits nicht als Sachleistung nach den Vorschriften des SGB V beanspruchen könne. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine ambulante ärztliche Liposuktion, da der GBA die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen habe und auch kein Ausnahmefall vorliege, in welchem dies entbehrlich sei. Darüber hinaus sei die Behandlung nicht notwendig gewe...