Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Vergütungssteuerung von Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung aber außerhalb der Regelleistungsvolumina. Rechtmäßigkeit der Quotierung laboranalytischer Leistungen. Mengenausweitung der jeweils quotierten Leistung muss nicht konkret nachgewiesen sein

 

Orientierungssatz

1. Kostenerstattungen laboranalytischer Leistungen des Kapitels 32 EBM (juris: EBM-Ä 2008) konnten auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 22.9.2009 = DÄ 2009, A 2103 - trotz des geänderten Wortlauts im Vergleich zu dem Beschluss vom 20.4.2009 = DÄ 2009, A 942 - durch die Vertragspartner der Honorarverteilung auf Landesebene auch ab 1.1.2010 quotiert werden (vgl BSG vom 19.8.2015 - B 6 KA 44/14 R).

2. Als sachliche Rechtfertigung für die Bildung von Honorartöpfen ist nach dem Regelungszweck der Vergütungssteuerung iSd § 87b Abs 4 S 2 SGB 5 idF vom 26.3.2007 nicht erforderlich, dass zwingend eine Mengenausweitung der jeweils quotierten Leistungen konkret nachgewiesen sein muss (vgl SG Dresden vom 21.1.2015 - S 18 KA 118/11 - juris RdNr 58).

3. Zur Vergütungssteuerung von sog "freien" Leistungen (Leistungen, die innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, aber außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden) in der Zeit von Anfang 2009 bis Ende 2011 (vgl BSG vom 17.7.2013 - B 6 KA 45/12 R = SozR 4-2500 § 87b Nr 4).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen B 6 KA 4/16 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. April 2012 (Az.: S 12 KA 780/10) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die festgesetzte Höhe des Honorars für die drei Quartale III/09 bis I/10.

Die Klägerin ist ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Rechtsform einer GmbH. Es besteht seit 1. Januar 2006. Im MVZ waren zunächst sechs, seit dem Quartal III/08 sieben, seit dem Quartal IV/08 acht und seit dem Quartal III/09 wieder sieben Ärzte/ Ärztinnen tätig, alle Fachärzte/Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin mit Ausnahme eines von Anfang an angestellten und an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes (Herr Dr. C.). Von den Fachärzten/Fachärztinnen für Laboratoriumsmedizin war Herr Dr. D. lediglich vom 1. Januar 2006 bis 4. Juni 2009 und sind Frau Dr. E. erst seit dem 1. Juli 2008 und Frau Dr. F. seit dem 1. Oktober 2008 angestellt. Die übrigen Ärzte/Ärztinnen (Herr Dr. G., Herr Dr. H., Frau Dr. J., Frau Dr. K.) sind von Anfang an im MVZ tätig. Mit Ausnahme von Herrn Dr. G. sind bzw. waren alle Ärzte/Ärztinnen im MVZ angestellt.

In den Quartalen II/09 bis I/10 nahm die Beklagte jeweils mit Honorarbescheid folgende Festsetzungen vor:

S 12 KA 780/10

S 12 KA 781/10

S 12 KA 158/11

Quartal

II/09 

III/09

IV/09 

I/10   

Honorarbescheid vom

11.10.2009

23.12.2009

27.03.2010

29.06.2010

Widerspruch eingelegt am

14.12.2009

04.03.2010

14.06.2010

01.10.2010

Nettohonorar gesamt in €

3.616.079,49

3.490.632,14

3.195.271,15

3.384.837,65

Bruttohonorar PK + EK in €

3.711.121,49

3.578.464,29

3.275.453,55

3.452.165,31

Fallzahl PK + EK

158.974

156.791

161.048

168.560

Honorar

Regelleistungsvolumen in €

2.767,65

1.496,94

1.192,51

2.109,44

Honorar quotiertes

Regelleistungsvolumen in €

0,00   

327,78

611,00

516,17

Fallwertzuschläge zu Regelleistungsvolumen in €

0,00   

0,00   

0,00   

0,00   

Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)

3.570.616,06

3.432.155,73

3.090.392,83

3.282.686,61

Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)

137.737,78

144.483,84

183.257,21

166.853,

Zur Begründung ihres Widerspruchs gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/09 trug die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. August 2010 vor, sie wende sich gegen eine generalisierende Quotierungsregelung der sog. Vorwegleistungen im Rahmen der Anwendung des sog. Anpassungsindex 100. Dadurch sei nur ein reduzierter Teil ihrer Leistungen vergütet worden. Als “Vorwegleistung" würden solche Leistungen bezeichnet, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet würden, jedoch innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) finanziert werden müssten. Durch die Anwendung der aus dem sog. Anpassungsindex 100 resultierenden Quotierungen der Vorwegleistungen mit einer Bruttoquote von 92,868 % und einer Nettoquote von 88,225 % sei es zu einem Honorarverlust in Höhe von 249.500,00 € gekommen. Sie verwies auf ihr erfolgloses Bemühen um Auskunft, weshalb sie zwischenzeitlich Klage bei dem Sozialgericht Marburg zum Aktenzeichen S 12 KA 488/10 erhoben habe. Sie habe keine Möglichkeiten gehabt, ihr vertragsärztliches Leistungsvolumen auszuweiten, da sie alleine auf der Basis von Überweisungen tätig werden könne. Das Honorarverteilungssystem begünstige diejenigen Fachärzte, denen einerseits ein Regelleistungsvolumen zugewiesen worden sei und die andererseits die Möglich...

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