Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung eines Gründungszuschusses - selbständige Tätigkeit - Vorbereitungshandlung
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 93 SGB 3 muss die selbständige Tätigkeit einen Umfang einnehmen, der die Arbeitslosigkeit beendet. Die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit oder sonstigen Erwerbstätigkeit schließt die Beschäftigungslosigkeit als Voraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeitszeit weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst.
2. Hierbei können bloße Vorbereitungshandlungen ausreichen, um die Arbeitslosigkeit zu beenden. Diese sind dann als Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zu werten, wenn sie Außenwirkung im Geschäftsverkehr entfalten und sie nach dem zugrundeliegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet sind (BSG Urteil vom 5. 5. 2010, B 11 AL 28/09 R).
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. Dezember 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Zeit ab 28. Juni 2014.
Vor seiner Existenzgründung war der 1982 geborene Kläger zuletzt vom 19. September 2011 bis 30. September 2013 in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Danach hielt er sich zur Arbeitsuche in Asien auf. Am 28. Februar 2014 meldete er sich bei der Beklagten arbeitslos. Diese bewilligte ihm antragsgemäß Arbeitslosengeld von diesem Tag an für die Dauer von 270 Tagen, also bis einschließlich 29. November 2014 (Bescheid vom 25. März 2014). Bei einem persönlichen Beratungsgespräch mit der für ihn zuständigen Arbeitsvermittlerin am 17. März 2014 wurde als „gemeinsames Ziel“ die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zum 1. Juli 2014 festgelegt. Der Kläger wurde über die Möglichkeit der Förderung mit einem Gründungzuschuss beraten und erhielt das entsprechende Antragsformular und einen „Flyer“. In einer Eingliederungsvereinbarung vom selben Tag sagte der Kläger u.a. zu, den vollständigen Antrag bis zum 16. Juni 2014 bei der zuständigen Arbeitsagentur einzureichen. Unter dem 2. Juni 2014 erklärte der Kläger auf dem Vordruck, er werde am 1. Juli 2014 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als freiberuflich beratender Volks- und Betriebswirt sowie Wirtschaftsinformatiker aufnehmen. Dafür werde er etwa 40 Stunden in der Woche aufwenden. Dem Antrag waren ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle und ein Businessplan mit Anlagen beigefügt.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab. Der Kläger verfüge bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht mehr über einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 150 Tagen. Dagegen erhob der Kläger unter dem 24. Juli 2014 Widerspruch. Er habe seine selbständige Tätigkeit entgegen seiner Planung bereits am 28. Juni 2014 aufgenommen. Dies ergebe sich auch aus einer Bestätigung des Finanzamts A-Stadt. Der ursprünglich genannte Termin sei in Absprache mit seiner Arbeitsvermittlerin ins Auge gefasst worden. Diese habe ihm noch am 26. Juni 2014 telefonisch die Gewährung des beantragten Gründungszuschusses zugesagt. Der Beratungsmangel dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2014 wurde der Widerspruch von der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Die Behauptung des Klägers, seine Geschäftstätigkeit schon früher aufgenommen zu haben, sei nicht glaubhaft. Nach Erlass des Ablehnungsbescheids habe er zunächst bei der Beklagten angerufen und die Ansicht vertreten, ab 1. Juli 2014 bestünde - wie mit der Arbeitsvermittlerin errechnet - noch ein Restanspruch von 150 Tagen. Auch das Schreiben des Finanzamts A-Stadt rechtfertige keine andere Bewertung. Schließlich sei der Gründungszuschuss dem Kläger auch nicht schriftlich zugesichert worden. Ob der Kläger falsch beraten worden sei, spiele für die Entscheidung keine Rolle, weil sich die Restanspruchsdauer von 150 Tagen nicht fingieren lasse.
Dagegen hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, am 10. Oktober 2014 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben. Zur Begründung hat er sich auf eine Bestätigung des Zeugen C. gestützt, mit dem er am Samstag, dem 28. Juni 2014, telefoniert habe, um eine geschäftliche Beziehung aufzunehmen (Bl. 29 d.A.). Das fälschlicherweise zunächst angegebene Datum der Existenzgründung am 1. Juli 2014 beruhe auf einem Beratungsmangel der Beklagten. Das Sozialgericht hat dem Kläger aufgegeben, unter Vorlage von Nachweisen darzulegen, „ob und welche weiteren (vorbereitenden) Tätigkeiten er für die Aufnahme seine selbstständige Tätigkeit vor dem 1. Juli 2014 getroffen habe“. Daraufhin hat der Kläger eine persönliche Erklärung vom 27. November 2016 und eine Bestätigung seines...