Entscheidungsstichwort (Thema)

Neufeststellung einer gewährten Altersrente für schwerbehinderten Menschen nach Eingang bzw Verbuchung regressierter Beiträge. Haftpflichtversicherung

 

Orientierungssatz

1. Für eine Neufeststellung der Altersrente für schwerbehinderten Menschen jeweils nach Eingang bzw Verbuchung regressierter Beiträge fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

2. Diese (regressierten) Beiträge können erst bei Berechnung der Regelaltersrente oder einer sonstigen vorzeitigen, dh vor Vollendung des 65. Lebensjahres beginnenden Altersrente, berücksichtigt werden.

 

Normenkette

SGB VI § 75 Abs. 1, 4, § 34 Abs. 4 Nr. 3; SGB X § 119

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 10. April 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Neufeststellung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen des Klägers unter Berücksichtigung von nach Rentenbeginn liegender Beitragszeiten.

Der 1946 geborene Kläger ist ausgebildeter Betriebswirt. Aufgrund eines am 18. Mai 1993 erlittenen Verkehrsunfalls leistete der Haftpflichtversicherer des Schädigers bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers Beiträge nach § 119 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an die Beklagte.

Auf den Antrag des Klägers vom 6. März 2008 bewilligte ihm die Beklagte mit Rentenbescheid vom 17. April 2008 ab November 2007 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Wegen Änderung im Krankenversicherungsverhältnis des Klägers berechnete die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 2. Mai 2008 neu. Nach erfolgtem Beitragsregress auch noch für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Oktober 2007 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 27. November 2008 rückwirkend ab Rentenbeginn neu fest.

In Telefonaten vom 22. November 2009 und 23. November 2009 beanspruchte der Kläger von der Beklagten die Anpassung seiner Rente unter Berücksichtigung der ab dem 1. November 2007 von der Haftpflichtversicherung noch weiter gezahlten (regressierten) Beiträge. Mangels gesetzlicher Grundlage lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 25. November 2009 ab. Sie führte aus, bei Erlass des Bescheides vom 17. April 2008 in Gestalt des Bescheides vom 27. November 2008 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Die (letzte) Rentenberechnung beinhalte regressierte Beiträge bis zum Vormonat des Rentenbeginns (Oktober 2007). Wegen der fortlaufend regressierten Beiträge bestehe lediglich die Möglichkeit, zu gegebener Zeit die Umwandlung der Altersrente in eine Regelaltersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres zu beantragen. In seinem Widerspruch hiergegen wies der Kläger darauf hin, dass sich aus der Gesetzesbegründung zu § 75 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht ergäbe, dass die regressierten Beiträge erst bei der Berechnung der Regelaltersrente zu berücksichtigen seien. Des Weiteren habe das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 31. Januar 2002 (Az.: B 13 RJ 23/01 R) klar zum Ausdruck gebracht, dass es nicht Sinn und Zweck der Regelung sei, für eine finanzielle Entlastung der Rentenversicherungsträger zu sorgen. Genau dies werde jedoch mit der Weigerung einer permanenten Rentenerhöhung nach erfolgtem Beitragsregress erreicht. Die Beklagte gewähre Rente für schwerbehinderte Menschen, nutze jedoch Beiträge nicht für den Versicherten, sondern zur eigenen finanziellen Entlastung. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2010 zurück. Unter Wiederholung ihres Vorbringens schon aus dem Ausgangsbescheid stellte sie klar, dass bei der Rentenberechnung sämtliche Beiträge bis zum Rentenbeginn berücksichtigt worden seien. Um regressierte Beiträge schon während eines Altersrentenbezuges berücksichtigen zu können, sei der Wechsel in eine andere Altersrente ausnahmsweise zulässig. Die gesetzlichen Regelung, § 75 Abs. 4 SGB VI, der eine Ausnahme zu § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI normiere, stelle sicher, dass dem Kläger eine Rente aus den ihm zustehenden Beiträgen erhalte. Entgegen seines Vortrages sei eine finanzielle Entlastung des Rentenversicherungsträgers nicht gegeben. Für eine neue Berechnung der Rente nach dem jeweiligen Eingang eines weiteren regressierten Beitrages bestehe keine gesetzliche Grundlage, zumal dies bedeuten würde, dass bis zum Abschluss der Regressierung einmal monatlich eine entsprechende Neufeststellung erfolgen müsse. Dies könne nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Darmstadt durch Gerichtsbescheid vom 10. April 2012 ab. Das Gericht bezog sich dabei zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten. Ergänzend wies es darauf hin, dass das auf eine fortlaufende Neuberechnung der Rente gerichtete Begehr des Klägers als Konsequenz einer fortlaufenden Berücksichtigung regressierte...

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