Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsschutz bei Rehabilitanden. Vorbereitungshandlungen vor Kurantritt
Leitsatz (amtlich)
Tritt ein Rehabilitand, dem von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine stationäre Heilbehandlung bewilligt ist, mit dem eigenen Pkw die Fahrt zur Kuranstalt in der Absicht an, sich dort nach dem Beginn der Kur zu erkundigen, so ist er auf diesem Weg nicht gegeben Arbeitsunfall versichert.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 17a, § 550 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Urteil vom 20.05.1977) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 20. Mai 1977 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind die Ehefrau und Kinder des am 2. Januar 1976 tödlich verunglückten J. F. (F.). Sie streiten mit der Beklagten um die Gewährung der Hinterbliebenenentschädigung.
Dem am 22. August 1938 geborenen F. war von der Landesversicherungsanstalt – LVA – Hessen durch Bescheid vom 26. November 1975 nach § 1236 Reichsversicherungsordnung – RVO – eine vierwöchige stationäre Heilbehandlung in der Kurklinik W. in B. bewilligt worden. In dem ihm mit diesem Bescheid gleichzeitig übersandten „Merkblatt über die Bewilligung einer medizinischen Leistung zur Rehabilitation wegen Leiden nichttuberkulöser Art” heißt es u.a., daß F. bei der LVA Hessen nicht wegen seines Einberufungstermines zur Kur nachfragen solle. Er werde aus Vereinfachungsgründen unmittelbar von der Verwaltung des Behandlungshauses einberufen. Sie könne daher keine Auskunft geben. Es werde anheim gestellt, wegen des Aufnahmetermins direkt beim Behandlungshaus anzufragen. Nachdem F. bis zum 2. Januar 1976 von der Kurklinik keinen Einberufungstermin erfahren hatte, trat er am gleichen Tage die Fahrt mit seinem Personenkraftwagen – Pkw – nach dort an, um, wie die Kläger im Verwaltungsverfahren vorbrachten, von der Verwaltung der Kurklinik direkt den Termin für den Kurbeginn zu erfahren. Auf der Landestraße L. stieß er mit seinem Pkw zwischen K. und M. mit einem ihm entgegenkommenden Bus der Firma K. AG auf regennasser Fahrbahn gegen 9.52 Uhr zusammen. Er erlitt schwere Kopf- und Brust- sowie innere Verletzungen, an denen er noch an der Unfallstelle verstarb. Mit Bescheid vom 23. November 1976 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus Anlaß des Ereignisses vom 2. Januar 1976 ab, da F. sich auf der unfallbringenden Fahrt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung befunden habe. Diese Fahrt habe nicht dem sofortigen Kurantritt dienen sollen, sondern sei vielmehr den eigenwirtschaftlichen Interessen des F., nämlich einer vorbereitenden Maßnahme zum Kuraufenthalt, entsprungen.
Gegen diesen mit Einschreiben an die Klägerin zu 1) am 23. November 1976 abgesandten Bescheid vom gleichen Tage haben die Kläger bei dem Sozialgericht Wiesbaden – SG – am 22. Dezember 1976 Klage erhoben und vorgebracht: F. habe nicht die Absicht gehabt, am Unfalltag die Kur sofort anzutreten, sondern sich lediglich nach dem Beginn derselben erkundigen wollen. Er habe sich auf einem nach § 550 Abs. 1 RVO versicherten Weg befunden.
Mit Urteil vom 20. Mai 1977 hat das SG die Klage aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen.
Gegen dieses an ihre Prozeßbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 14. Juni 1977 zugestellte Urteil haben die Kläger bei dem Hessischen Landessozialgericht am 11. Juli 1977 schriftlich Berufung eingelegt.
Es sind im Berufungsverfahren die Hinterbliebenenrentenakten der LVA Hessen und die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landesgericht Frankfurt am Main (58 Js 6/76) beigezogen und die Auskünfte des Arbeitgebers des F., der Firma W. KG (L.), der Kurklinik W. (B.) sowie des praktischen Arztes Dr. F. (L.) vom 2. und 12. Januar sowie 14. April 1978 eingeholt worden. Die Firma W. KG teilte mit, daß sie von einer bevorstehenden Kur des F. erst nach dem Unfall erfahren habe. Der Unfalltag sei für ihre Arbeitnehmer arbeitsfrei gewesen. Die Kurklinik W. erklärte, daß die stationäre Heilbehandlung des F. für etwa Februar 1976 vorgesehen gewesen sei. In aller Regel werde der Termin des Kurbeginns erst etwa 2 Wochen vor Freiwerden eine Bettes dem Rehabilitanden bekannt gegeben. F. sei durch die Kurklinik nicht verlaßt worden, am Unfalltag dort vorzusprechen. Auch hatte er nach seinem unangemeldeten Eintreffen an diesem Tage nicht in die Klinik aufgenommen werden können, da sie erst am 5. Januar 1976 wieder geöffnet worden sei. Im übrigen komme es in ihrer Klinik nicht vor, daß ein Patient unangemeldet sofort aufgenommen werde. Dr. F. berichtete, daß F. in der letzten Zeit besonders unter zunehmenden, unerträglichen Schmerzen eines therapieresistenten und generalisierten Gelenkrheumatismus gelitten habe. F. habe daher nach Rücksprache mit ihm persönlich bei der Kurhausverwaltung die Aufnahme beschleunigen wollen.
Die Kläger bringen zur Begründung ihrer Berufung vor: Dem so...