Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörung. Fiktion der Feststellung von Behinderungen und des GdB nach dem SchwbG Neufeststellung nach BVG und SchwbG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einfügung des letzten Satzes in § 4 Abs. 2 SchwbG in der Neufassung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421) dient nur der Klarstellung.
2. Eine Anhörung (§ 24 SGB 10) im Verwaltungsverfahren nach dem SchwbG ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn derselbe Leistungsträger (Versorgungsverwaltung) im Verwaltungsverfahren nach dem BVG einen belastenden Neufeststellungsbescheid nach § 48 SGB 10 erteilt und hierbei ein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren durchgeführt hat, soweit eine eigene Feststellung nach dem SchwbG nicht erfolgt war.
Normenkette
SchwbG § 4 Abs. 2; SGB X §§ 24, 48
Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 14.05.1986; Aktenzeichen S-6/Vb-191/85) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 14. Mai 1986 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) sowie um das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen.
Der Beklagte erteilte zugunsten des 1907 geborenen Klägers einen Bescheid vom 13. Dezember 1979, der auf einen Bescheid vom 12. September 1979 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) verwies, wonach der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 100 v.H. beträgt. Ferner stellt dieser Bescheid fest, daß die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „RF” erfüllt sind, und daß der Kläger gehbehindert sei im Sinne der Freifahrtberechtigung im Nahverkehr.
Mit Bescheid vom 8. Februar 1982 nach § 3 Abs. 4 SchwbG in der bis 31. Juli 1986 geltenden Fassung stellte der Beklagte erneut die Voraussetzungen der Merkzeichen „G” und „RF” fest. Im übrigen wurde Bezug genommen auf den Bescheid des Versorgungsamtes Kassel nach dem BVG vom 27. Januar 1982, nach welchem bei einem Grad der MdE um 80 v.H. folgende Schädigungsfolgen festgestellt worden sind:
- Lungentuberkulose,
- chronische Mittelohreiterung rechts mit Perlgeschwulst und mäßiger Schwerhörigkeit rechts,
- Narben nach Erfrierung der rechten Großzehe.
Am 9. Juli 1984 stellte der Kläger einen Antrag nach dem SchwbG wegen weiterer Gesundheitsstörungen und machte als Behinderungen nunmehr eine Lungenembolie, eine Bronchitis, Sauerstoffmangel, verstärkte Verschleimung sowie eine Thrombose in beiden Beinen mit Wasserödemen geltend.
Der Beklagte zog daher für das Schwerbehindertenverfahren die in der Kriegsopfersache erstellten Gutachten bei und wertete sie im Hinblick auf das SchwbG aus. Hierbei handelt es sich um die Gutachten des Augenarztes Dr. W., Kassel, vom 14. November 1984, das chirurgische Gutachten des Dr. L., Kassel, vom 15. November 1984, das hals-, nasen-, ohrenärztliche Gutachten des Dr. Z. Kassel, vom 14. November 1984 sowie um das internistische Gutachten des Dr. H., Kassel, vom 14. November 1984, alle erstellt aufgrund Untersuchungen in der versorgungsärztlichen Untersuchungsstelle.
Mit Bescheid vom 14. Januar 1984 setzte der Beklagte den Grad der MdE nach dem BVG auf 30 v.H. herab und bezeichnete die Schädigungsfolge zu 1. nunmehr als inaktive Lungentuberkulose.
Ein Neufeststellungsantrag nach dem BVG wurde mit Bescheid vom 1. Februar 1985 abgelehnt. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Insoweit wird Bezug genommen auf das Urteil des erkennenden Senats vom 19. September 1989, Az: L-4/V-1308/86.
Nach dem SchwbG stellte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Februar 1985 folgende Behinderungen bei einem Grad der MdE um 70 v.H. fest:
- Die Schädigungsfolgen entsprechen dem BVG-Bescheid,
- postthrombotisches Syndrom beider Unterschenkel,
- Sehminderung des rechten Auges,
- Arteriosklerose, Herzleistungsminderung, Lungenblähung mit Bronchitis,
- deformierende Wirbelsäulenveränderungen,
- Fettleber, Verlust der Gallenblase, Zuckerstoffwechselstörung.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 4. März 1985 Widerspruch ein, den er im wesentlichen damit begründete, daß weitere Schädigungsfolgen im Sinne des BVG anzuerkennen seien.
Mit Berichtigungsbescheid vom 28. August 1985 berichtigte der Beklagte den Wortlaut der Schädigungsfolgen nach dem BVG nunmehr wie folgt:
Narben nach Erfrierung der linken Großzehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 1985 wies er den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 25. Juni 1985 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben.
Mit Urteil vom 15. Mai 1986 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt, es deute die Klage so, daß der Kläger die Feststellung der Merkzeichen „G” und „RF” begehre. Die gesundheitlichen Voraussetzungen hierfür seien allerdings nicht erfüllt. Eine erhebliche Gehbehinderung liege nicht vor. Der Kläger leide an einem postth...